Andreas Voget Andreas Voget

Ein kritischer Blick aus Sicht eines Dachverbands

Gemeinsam mit Herrn Andreas Voget, Geschäftsführer von Fairwertung e.V. haben wir über den aktuellen Noviellerungsprozess des KrWG gesprochen. Das Gesetz bringt viele Neuerungen zur Unterstützung der Kreislaufwirtschaft, birgt aber auch Gefahren in einigen Stoffströmen nachhaltig funktionierende Ansätze durch zu strenge Reglementierung unökologischer zu machen.

Akademie Dr. Obladen (ADO): Herr Voget, wie bewerten Sie die aktuelle Situation auf dem Alttextilmarkt?

Dr. Andreas Voget (AV): Wir befinden uns in einer strukturellen Krise. In den letzten zwei Jahren ist - insbesondere in Folge des Fast-Fashion-Phänomens - die Menge der von Haushalten abgegebenen Alttextilien nochmals deutlich gestiegen. Gleichzeitig nimmt der Anteil der minderwertigen Textilien stark zu. Insgesamt gibt es ein großes Überangebot an Gebrauchttextilien am Markt. Das stellt alle Sammler vor große logistische Herausforderungen – und gegebenenfalls auch vor Absatzprobleme. Insgesamt ist der Markt, der sich über Jahrzehnte selbst reguliert hat, durch die Entwicklungen der letzten Jahre aus den Fugen geraten.

ADO: Welche Chancen bringt die Novelle des KrWG?

AV: Mit der Novellierung sollen die Vorgaben der EU-Abfallrahmenrichtlinie umgesetzt und insbesondere eine stärkere Kreislaufwirtschaft initiiert werden. Das ist zu begrüßen. Allerdings sind wir bei Textilien noch weit von einer Kreislaufwirtschaft entfernt – insbesondere fehlt es an ausreichenden Verwertungsmöglichkeiten für textile Rohstoffe. Gleichzeitig bietet der Referentenentwurf Ansatzpunkte, um bei der Verwertung von Textilien am Ende ihrer Nutzungsdauer erstmals auch die Hersteller in die (finanzielle) Verantwortung zu nehmen. Hier müssen jetzt Modelle entwickelt und konkrete Schritte unternommen werden.

ADO: Was vermissen Sie beim Novellierungsprozess? Welcher Punkt könnte kritisch werden?

AV: Die Vorgabe, bis 2025 Textilien europaweit getrennt zu erfassen, ist in der aktuellen Marktsituation nicht nur ambitioniert, sondern könnte zum endgültigen Kollaps des bisherigen Systems führen. Solange es keine ausreichenden Verwertungsmöglichkeiten insbesondere für minderwertige Textilien und textile Rohstoffe gibt, ist fraglich, ob der Aufbau von flächendeckenden Erfassungssystemen ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist, wenn ein erheblicher Teil der gesammelten Stoffe am Ende doch in der Verbrennung landet.

Außerdem darf die Novellierung nicht dazu führen, dass gemeinnützige Organisationen, die über Jahrzehnte zentrale Akteure bei Kleidersammlungen waren, durch die neueren Entwicklungen vom Markt gedrängt werden – das würde dem Bürgerwillen widersprechen. Insbesondere müssen Kooperationsmodelle entwickelt werden, wie gemeinnützige Organisationen weiterhin auf kommunaler Ebene Textilien sammeln können.

Dem Thema Alttextilien wollen wir uns am 28.01.2020 in einem gesonderten Block widmen und neben Herrn Voget auch Frau Dr. Dageförde hinsichtlich der derzeitigen Rechtsprechung zu Wort kommen lassen. Spannend wird dieser Block nicht nur für Kommunen, sondern auch für Verwerter und gemeinnützige Organisationen.

Anmeldung unter: https://kommunalwirtschaft.eu/veranstaltungen/kreislaufwirtschaft/03220-das-neue-kreislaufwirtschaftsgesetz

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