Einführung der Wertstofftonne: Münster gibt Hilfestellung im Umgang mit den gängigsten Problemen
Im Alltag der kommunalen Entsorgungsunternehmen spielen nicht nur ökologische Potenziale eine wichtige Rolle, auch die Umsetzbarkeit von Konzepten ist entscheidend. Gerade beim Thema Wertstofftonne sind die Meinungen sehr unterschiedlich. Skeptiker betonen immer wieder Platzprobleme und befürchten sinkenden Recyclingquoten durch steigende Fehlwürfe. Wie diesen negativen Einschätzungen durch konstruktive Kommunikation begegnet werden kann, haben wir mit Patrick Hasenkamp besprochen, Betriebsleiter der AWM Abfallwirtschaftsbetriebe Münster.
Akademie Dr. Obladen (ADO): Herr Hasenkamp, Münster hat sich für die Einführung einer Wertstofftonne entschieden. Was war Ihrer Meinung nach das Hauptargument für die Einführung und wie haben Sie es geschafft, Skeptiker zu überzeugen?
Patrick Hasenkamp (PH): Von den Vorteilen der Wertstofftonne mussten wir die Politik und den Großteil unserer Bürgerinnen und Bürger nicht mehr überzeugen. Im Gegenteil: Spätestens nachdem wir 2012 ein „Pilotprojekt Wertstofftonne“ in zwei Stadtteilen in Münster mit sehr guten Ergebnissen umgesetzt hatten, war der Wunsch nach der stadtweiten Einführung der Wertstofftonne da. Das ökologische Potenzial wurde erkannt, gleichzeitig aber natürlich auch der Vorteil, dass durch die Wertstofftonne endlich der unkomfortable Gelbe Sack abgeschafft wird. Und nicht zu vergessen: Die Abfalltrennung wird deutlich einfacher für die Bürgerinnen und Bürger. Die Regel ist jetzt: Alle Abfälle aus Metall, Kunststoff oder Verbundstoff gehören in die Wertstofftonne. Ob es sich um eine Verpackung – die vorher im Gelben Sack entsorgt werden musste – oder um z.B. einen defekten Kunststoffeimer handelt, spielt keine Rolle mehr.
Wir – und damit meine ich die AWM, die Politik und den Großteil unserer Bürgerinnen und Bürger – hätten uns die stadtweite Einführung der Wertstofftonne schon viel früher gewünscht. Mit dem Ziel einer gemeinsamen Systemausgestaltung haben wir seit 2013 mit den Dualen Systemen Deutschland (DSD) darüber verhandelt. Wir denken serviceorientiert und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger. Deshalb wollten wir die Wertstofftonne ab einem Volumen von 120 Litern bei zweiwöchiger Abfuhr anbieten, die Dualen Systeme machten großvolumige Gefäße ab einem Fassungsvermögen von 240 Litern bei vierwöchiger Abfuhr zur Bedingung.
Unsere Vorstellungen durchzusetzen und eine Einigung im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger zu erzielen, war erst seit dem Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes 2019 möglich.
ADO: Die Wertstofftonnen werden ab Oktober 2019 ausgeliefert, geleert werden die Tonnen ab dem 1. Januar 2020 Wie empfinden die Münsteranerinnen und Münsteraner eine weitere Tonne? Welches Feedback gab es zur geplanten Einführung in 2020?
PH: Größtenteils haben wir positive Rückmeldungen von unseren Bürgerinnen und Bürgern erhalten, die sich – wie eingangs bereits erwähnt – über mehr Komfort und eine einfachere Abfalltrennung freuen. Aber natürlich gibt es auch Skeptiker. Auch die möchten wir natürlich überzeugen. Über intensive Öffentlichkeitsarbeit klären wir über die Vorteile und alles Wissenswerte zur Wertstofftonne auf. Neben einer Kampagne zur Wertstofftonne wird es für das kommende Jahr sogar – neben dem üblichen Entsorgungskalender – einen eigenen Kalender für die Wertstofftonne mit ausführlichen Infos geben, der an alle Haushalte in Münster verteilt wird.
ADO: Als Lösung für mögliche Stellplatzprobleme bietet Münster die „Nachbarschaftstonne“ an. Können Sie dieses Konzept kurz erläutern. Woher kam diese Idee und wie wird die Kostenaufteilung bei diesem Prinzip funktionieren?
PH: Das Angebot „Nachbarschaftstonne“ bieten wir, genauso wie viele andere Kommunen, schon seit Mitte der 90er-Jahre an für die Restabfalltonne. Die Idee dahinter ist schnell erklärt: Insbesondere in den eng bebauten Innenstadtbereichen Münsters kommt es zu Standplatzproblemen. Sich mit seinem Nachbarn darauf zu verständigen, eine Tonne zu teilen, löst diese Probleme und man kann unter Umständen durch die Wahl der Tonnengröße auch Geld sparen. Voraussetzung ist natürlich, dass das Mindestvolumen pro Person/Woche - 15 Liter Rest- und Bioabfall– nicht unterschritten wird. Da wir in Münster ja bereits drei Tonnen, Restabfall-, Bio- und Papiertonne, haben, kann es unter Umständen trotzdem sein, dass für die vierte Tonne kein Platz mehr da ist. Selbst wenn es eine Nachbarschaftstonne ist, kann es in einigen wenigen Fällen eng werden. Für diese Fälle, die wir vor Ort prüfen, bieten wir einen stabilen Wertstoffsack an.
ADO: Viele Kommunen fürchten, dass durch die Einführung der Wertstofftonne die Zahl der Fehlwürfe zunehmen wird. Wie begegnen Sie dieser Sorge zukünftig in Münster? Gibt es spezielle Öffentlichkeitskampagnen zur Information der Bürgerinnen und Bürger?
PH: Wir investieren seit vielen Jahren in eine sehr intensive und aufmerksamkeitsstarke Öffentlichkeitsarbeit, um unsere Bürgerinnen und Bürger zur Abfallvermeidung und richtigen Abfalltrennung zu motivieren. Der Start der Wertstofftonne wird natürlich, wie eben schon erwähnt, genauso begleitet. Neben der Öffentlichkeitsarbeit über diverse Kanäle spielt hier auch unser Team Kundenservice eine enorm wichtige Rolle. Die Kolleginnen und Kollegen sind top geschult und stehen unseren Bürgerinnen und Bürgern bei allen Fragen als kompetente Ansprechpartner zur Verfügung. Um Fehlwürfe zu vermeiden, weisen wir schon jetzt darauf hin, dass wir uns Tonnenkontrollen vorbehalten. Möglichst sollten die Abfälle, die in der Wertstofftonne entsorgt werden, lose eingefüllt werden. So werden Plastiktüten eingespart und wir sehen, ob die Tonne richtig befüllt ist. Werden Säcke verwendet, müssen diese transparent sein.
ADO: Herr Hasenkamp, vielen Dank für das Gespräch!
Übrigens: Am 27.11.2019 findet in Düsseldorf unsere Fachkonferenz „Wertstofftonne - quo vadis?“ statt. Sie richtet sich an Mitarbeitende von Entsorgungsunternehmen, die eine Wertstofftonne eingeführt haben oder in der Planung sind, ihr System um diese zu ergänzen. Last Minute-Anmeldungen sind noch möglich!
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