Neue Hightech-Strategie

Roboter-Rochen für die Meereserkundung

Nur noch mit robotisch arbeitenden Unterwasserfahrzeugen lassen sich die vielfältigen Herausforderungen einer ökologisch vertretbaren Nutzung der Meere bewältigen. Einen ganz besonderen, der Natur abgeschauten Roboter entwickeln Forscher im Rahmen der Neuen Hightech-Strategie der Bundesregierung.


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Der Manta-Rochen hat fast zehn Stunden lang mit mehreren seiner Artgenossen die Umgebung untersucht, Navigationshinweise gegeben und vor möglichen Umweltgefährdungen gewarnt. Jetzt sucht er sein Nest auf der Erntemaschine auf. Es ist natürlich kein Fisch, von dem die Rede ist, sondern ein Unterwasserroboter, der dem Tier nachgebildet ist. Die Erntemaschine wiederum sammelt Manganknollen am Meeresgrund ein.

Die Natur technisch nachbilden

Das Ganze klingt nach Zukunftsmusik, aber Dr. Rudolf Bannasch, Geschäftsführer und Mitbegründer der Firma Evologics, ist überzeugt, dass seine der Natur nachgebildeten Unterwasserfahrzeuge demnächst genau so agieren werden. Der Biologe forscht seit vielen Jahren auf dem Gebiet der Bionik, also der technischen Umsetzung von Phänomenen aus der Natur. Schwerpunkt seiner Arbeit war das energieeffiziente "Fliegen" von Meerestieren im Wasser. Besonders faszinierend sind die Manta-Rochen, die scheinbar mühelos durch das Meer gleiten, mit sanftem Flügelschlag große Distanzen überwinden und feinfühlig am Riff navigieren. Doch kann man solche Bewegungen technisch nachbilden?

Unterwasserfahrzeuge sind heute zumeist druckgepanzerte, torpedoförmige Geräte. Bannasch ist überzeugt, dass die starren Druckpanzer selbst in tausenden Meter Tiefe nicht mehr notwendig sind. Es gibt bereits Technologien, die völlig andere Konstruktionen und die Umsetzung bionischer Erkenntnisse ermöglichen. Im TIMM-BOSS Projekt wird gezeigt, dass in der Tat künstliche Manta-Rochen gebaut und als intelligente Trägersysteme für meerestechnische Mess- und Monitoring-Aufgaben eingesetzt werden können. Digitale Technik für Steuerung und Kommunikation entwickelt die Fachhochschule Lübeck. Passgenaue Kamera- und Sensorsysteme kommen von der Firma Sea and Sun.

Die strömungsgünstige Form und die großen Flügelflächen befähigen diese Roboter wie ihre Naturvorbilder ähnlich schnell zu fliegen, elegant zu gleiten und dabei noch exakter zu manövrieren als herkömmliche Unterwasserfahrzeuge. So können sie vorteilhaft im Freiwasser und ebenso auch im strukturierten Gelände operieren, etwa dort einer Bodenkontur im genauen Messabstand folgen oder gezielte Untersuchungen an Unterwasserbauwerken durchführen. Zudem haben sie eingebaute Jet-Triebwerke, die zugeschaltet werden können, um starken Strömungen zu begegnen, rasch größere Strecken zurückzulegen oder auf engstem Raum zu manövrieren. Ein erstes Modell erreichte eine Geschwindigkeit von 12 Kilometern pro Stunde.

Elastisch gebaut

Das bionische Trägersystem ist komplett elastisch gebaut. Es besteht aus einem beweglichen Kunststoffskelett und einer flexiblen Haut. Das macht den Rochen robust gegen mechanische Umwelteinflüsse. Stöße werden weitestgehend abgefedert und selbst Kollision verkraftet, ohne Schaden zu nehmen oder im Umfeld zu verursachen. Mit einer Flügelspannweite von 2,30 und einer Länge von 1,20 Metern ist der bionische Manta-Roboter deutlich kleiner als seine natürlichen Vorbilder.

Ganz entscheidend ist aber das "Gehirn" des Geräts. Die Forscher haben es selbstlernend angelegt, so dass es seine Aufgaben während der Unterwasser-Missionen auch ohne externe Steuerung wahrnehmen und Umwelteinflüsse eigenständig ausgleichen kann. Das ist auch notwendig, da insbesondere bei der Arbeit in größerer Tiefe, die Übertragung von Steuersignalen für alle Einzelfunktionen zu lange dauern würde. Es besteht jedoch eine dauernde akustische Verbindung zur Leitzentrale. Des Weiteren ist eine direkte Kommunikation mehrerer Rochen zur gemeinsamen Aufgabenerledigung, beispielsweise einer Meeresboden-Kartierung, vorgesehen.

Dass das Konzept funktioniert, zeigten erste Erprobungen im Sprungbecken auf dem Berliner Olympiagelände. Jetzt geht es raus in die Natur, zunächst zum Wehrbellinsee, wo die nächsten Experimente laufen sollen, bevor dann die Ostsee das nächste Ziel ist.

Viele maritime Anwendungsmöglichkeiten

Wozu nun können die Geräte einmal dienen? Die Meere bekommen eine immer wichtigere Funktion in unserer Wirtschaft.

Offshore-Windkraftanlagen leisten bereits einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende. Diese Anlagen müssen auch unter dem Meeresspiegel überwacht werden. Dazu gibt es strenge Wartungsauflagen, nach denen beispielsweise jährlich untersucht werden muss, ob die Unterseekabel noch ausreichend tief im Boden liegen. Mit geeigneten Sensoren könnten das die Rochen übernehmen.

Ebenso sind auch Wehre und Hafenanlagen ständig den Gewalten des Meeres ausgesetzt. Die Inspektion durch Taucher ist aufwändig und teuer, so dass auch hier ein großes Aufgabenfeld für die Roboter liegt.

Im Meer wird weiter gebaut. Auch Pipelines werden verlegt. Dafür ist der Meeresgrund zu kartographieren und häufig müssen auch Hinterlassenschaften aus dem Krieg aufgespürt und analysiert werden.

Rohstoffe aus dem Meer

Die Gewinnung wertvoller Rohstoffe aus dem Meer erlangt über Erdöl und Erdgas hinaus eine immer größere Bedeutung. Am Boden der Ozeane lagern immense Vorkommen von Metallen, Schwefelverbindungen und Methanhydraten. So enthalten beispielsweise Manganknollen wichtige Metalle, darunter die so genannten seltenen Erden, die zur Herstellung von Magneten und elektronischen Bauteilen benötigt werden. Obgleich die Ressourcen erst in mehreren hundert oder gar tausenden Metern Tiefe zu finden sind, lassen die wachsenden Rohstoffpreise den Abbau immer lohnenswerter erscheinen.

Doch gibt es dabei auch Risiken, die es durch die Entwicklung neuer Techniken und umweltschonender Abbauverfahren zu meistern gilt. Dabei können die Manta-Rochen wichtige Kontrollfunktionen übernehmen, im Vorfeld das Terrain sondieren, die sichere Navigation der Fördergeräte unterstützen und während der Produktion die Umwelteinflüsse analysieren, so dass mögliche Schädigungen rechtzeitig erkannt und wirkungsvoll minimiert werden können. Das Nest auf der Erntemaschine ist übrigens eine Dockingstation, an der die bionischen Roboter ihre Batterien aufladen und über ein schnelles Modem mit Kabelanschluss große Datenmassive zur Oberfläche übertragen können.

Die Zahl der Aufgaben ist groß und daher die Nachfrage nach den Rochen sicherlich eines Tages hoch. Doch zuvor muss alles funktionieren und patentrechtlich geschützt sein. Das ist noch ein langer Weg, den ein Unternehmen nur gehen kann, wenn die Innovation finanziell gefördert wird. In diesem Fall hat das das Bundeswirtschaftsministerium übernommen.

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung direkter Link zum Artikel