Minister Krischer: Ohne eine intakte Natur gefährden wir unsere Lebensgrundlagen

Umweltministerium kündigt Ausweisung neuer Vogelschutzgebiete an – Beteiligungsprozess für zweiten Nationalpark startet vor den Sommerferien


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Umweltminister Oliver Krischer hat im Vorfeld des internationalen Tags der biologischen Vielfalt (Montag, 22. Mai 2023) vor einem Nachlassen beim Natur- und Artenschutz gewarnt. „Der Artenverlust ist neben derKlimakrise die zweite große ökologische Bedrohung für uns und die Art und Weise, wie wir leben“, sagte Minister Krischer. „Auch, wenn wir durch eine ambitionierte Naturschutzpolitik auch sehr erfolgreiche Projekte und Maßnahmen vorweisen, darf das aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Verlust an biologischer Vielfalt trotzdem weitergeht – und teilweise mit ungebremster Geschwindigkeit.“

Bis Ende des Jahres wird die aktuelle Rote Liste zum fünften Mal fortgeschrieben und damit aktualisiert. „Und auch wenn sich einige Indikatoren zum Besseren entwickelt haben, werden wir keine Entwarnung geben können. Wir müssen unsere Anstrengungen noch verstärken. Deshalb haben wir in den letzten Monaten seit der Regierungsübernahme die Weichen dafür gestellt.“

Mehr als 43.000 verschiedene Tier-, Pilz- und Pflanzenarten und rund 70 verschiedene Lebensräume bilden die Grundlage für den Artenreichtum in Nordrhein-Westfalen.

Dass ein aktiver Naturschutz wirkt, zeigt die aktive und erfolgreiche Wiederansiedlung von ehemals ausgestorbenen Tierarten wie dem Uhu, dem Maifisch, dem Biber oder dem Wanderfalken. Es kehren aber auch viele Tiere auf natürlicher Art zurück, wie zum Beispiel die Weißstörche, die Anfang der 1990er-Jahre in Nordrhein-Westfalen so gut wie ausgestorben waren und von denen aktuell landesweit wieder etwa 450 Brutpaare (Stand 2020) nachgewiesen werden konnten, oder der Otter, der selbstständig den Weg zurück ins Münsterland gefunden hat. Die Rückkehr von Tierarten wird möglich, wenn deren Lebensräume wiederhergestellt worden sind und damit die Tiere die entsprechenden Rückzugsräume für ein Überleben in möglichst naturnahen Biotopen finden. So konnten beispielsweise durch die Ausweisung von rund 100 Wildnisgebieten und weiteren Schutzgebieten wichtige Lebensräume für gefährdete Arten wie etwa für die Wildkatze und den Schwarzstorch geschaffen werden. Einst ausgestorbene Tier- und Pflanzenarten sind mittlerweile wieder in Nordrhein-Westfalen heimisch und in ihrem Bestand gefährdete Arten konnten sich wieder erholen. So zählen die Bachforelle und viele Libellenarten zu den Gewinnern der Renaturierung und Verbesserung der Gewässergüte vieler Fließgewässer – ebenso wie die Emscher-Groppe, die mit der Renaturierung des ehemaligen Abwasserkanals Emscher wieder in die gesamte Region zurückkehren kann. Das gilt gleichermaßen für unzählige Fischnährtiere bis hin zu Amphibien, die in den letzten rund 200 Jahren im Ruhrgebiet aus dem Emscher-Raum praktisch verschwunden waren.

Rote Liste der gefährdeten Arten

Doch trotz dieser Erfolge konnte in der Vergangenheit keine grundsätzliche Trendumkehr erreicht werden. Der Verlust an biologischer Vielfalt bleibt weiterhin hoch, dies zeigen auch die Zahlen der aktuellen Roten Liste der gefährdeten Arten:

  • Etwa 45 Prozent der untersuchten Tier-, Pilz- und Pflanzenarten stehen in Nordrhein-Westfalen auf der „Roten Liste“ – sind gefährdet, vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben.
  • Rund 80 Prozent der Lebensräume im Tiefland sind in einem ungünstigen Erhaltungszustand – allen voran Moore, Grünland- und Gewässerlebensräume sowie Eichen- und Auenwälder.
  • Und aktuell sind nur 8,8 Prozent aller Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen in einem sehr guten oder guten ökologischen Zustand.

Nach der letzten „Roten Liste NRW“ sind bei den Arten etwa Schmetterlinge (rund 55 Prozent), Moose (60 Prozent), Kriechtiere (etwa 71 Prozent) sowie Vögel und Wildbienen/Wespen (jeweils rund 52 Prozent betroffen) überdurchschnittlich gefährdet, bedroht oder bereits ausgestorben.

Die Ursachen des Artensterbens und des Verlustes biologischer Vielfalt sind menschengemacht: Neben den Folgen des Klimawandels gehören hierzu unter anderem eine zu intensive Flächen-Bewirtschaftung und die Zerstörung und Zerschneidung naturnaher Lebensräume. Die Landesregierung will dem Verlust der biologischen Vielfalt und dem fortschreitenden Artensterben gegensteuern. „Umwelt und Natur sind Grundlagen von Ernährung, Heimat, Wirtschaft und Erholung. Ohne eine intakte Natur gefährden wir diese Grundlagen“, sagte Minister Krischer. „Die Landesregierung hat sich deshalb vorgenommen, mit einer Vielzahl von Maßnahmen und einer umfangreichen Finanzierung die Biodiversitätskrise wirksam zu bekämpfen und in allen Politikfeldern mitzudenken.“

Seit der Regierungsübernahme im letzten Sommer wurden daher erste Weichen zur Neuausrichtung der Natur- und Artenschutzpolitik gestellt. Weitere werden in den nächsten Monaten folgen:

Bessere finanzielle Ausstattung

Stärkung des Naturschutzbereichs wurde durch die Erhöhung der Haushaltsmittel erzielt, eine Verdoppelung der Mittel insgesamt ist bis zum Jahr 2027 vorgesehen.

Zweiter Nationalpark

Artenvielfalt braucht intakte, weitläufige und vernetzte Lebensräume, auch um eine genetische Verarmung von Arten zu vermeiden. Noch im Sommer soll daher der Startschuss für das Beteiligungsverfahren zur Errichtung eines zweiten Nationalparks in Nordrhein-Westfalen fallen.

Ausweitung weiterer Schutzgebiete

Zudem sichern wir weitere Gebiete für den Naturschutz. Dazu sollen zeitnah das Vogelschutzgebiet Diemel- und Hoppecketal sowie Erweiterungen der bestehenden Vogelschutzgebiete Schwalm-Nette-Platte im Raum Elmpt und im Nationalpark Eifel ausgewiesen werden.

Bestandsermittlung

Noch in diesem Jahr wird die Rote Liste der gefährdeten Arten in Nordrhein-Westfalen fortgeschrieben und aktualisiert. Es ist die fünfte Fortschreibung seit 1979. Sie bildet die Grundlage für weitere Maßnahmen im Natur- und Artenschutz, etwa bei der Weiterentwicklung der Biodiversitätsstrategie.

Sicherung wertvoller Lebensräume

In den nächsten Wochen soll durch das LANUV eine umfassende naturschutzfachliche Potenzialanalyse zum Zustand und zur Wiederherstellung von Mooren in Nordrhein-Westfalen vorgelegt werden. Sie bildet die Grundlage für die geplante Moorschutzstrategie des Landes.

Der internationale Tag der biologischen Vielfalt wurde im Jahr 2000 durch die Vereinten Nationen eingeführt. Der Tag erinnert an den

22. Mai 1992, an dem sich die Staatenwelt in Nairobi auf das richtungweisende UN-Übereinkommen zur biologischen Vielfalt geeinigt hat. Es wurde inzwischen von mehr als 190 Vertragsstaaten unterzeichnet und gilt als eines der erfolgreichsten Abkommen der UNO. Ziel des Aktionstages ist es unter anderem, auf das weltweite Artensterben hinzuweisen, Aufmerksamkeit für den Naturschutz zu erregen und das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Artenvielfalt in der Natur zu schärfen.

umwelt.nrw: Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen direkter Link zum Artikel