Entwicklungshilfe über den Supermarkt und den eigenen Garten

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Zum Weltbienentag am 20. Mai geben Artenschützer*innen vom Regierungspräsidium Gießen praktische Tipps, um die lebenswichtige Vielfalt der Bienen zu erhalten

Gießen. Endlich Frühling. Vorbei ist das immerwährende Grau. Gärten und Streuobstwiesen in ganz Hessen zeigen ihr prachtvolles Blütenkleid, die Luft ist nicht nur erfüllt von Gezwitscher, sondern auch von emsigem Brummen und Summen.


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Dass das alles andere als selbstverständlich ist, darauf macht der Weltbienentag am Freitag, 20. Mai, aufmerksam. Er erinnert an die essenzielle Bedeutung aller Bienen und motiviert, selbst aktiv zu werden. Wie das aussehen kann, dazu geben die Fachleute für Artenschutz beim Regierungspräsidium (RP) Gießen einfache Tipps. 

Bei dem Begriff Weltbienentag wird meist an die oft anzutreffende Honigbiene gedacht, ein Nutztier, das seit Jahrhunderten vom Menschen gezüchtet und gehalten wird. „Es gibt in Deutschland Hunderte weitere, wildlebende Bienen- und Hummelarten“, berichtet Lisa Küchen vom zuständigen Dezernat für Artenschutz beim RP Gießen. „Manche sind häufig anzutreffen und auffällig wie die Erdhummel, andere nur an sehr spezielle Bedingungen angepasst und wieder andere sind so stark vom Aussterben bedroht, dass sie bereits sehr selten geworden sind.“ Das betrifft leider bereits mehr als die Hälfte der in Deutschland wild lebenden Arten, wobei jede einzelne dieser Arten essenziell ist für das ökologische Gefüge ist.

„Jede und jeder von uns kann mit einfachen Entscheidungen dazu beitragen die für uns lebenswichtige Insektenvielfalt zu erhalten“, empfiehlt die RP-Mitarbeiterin, „und sei es durch eine bewusste Kaufentscheidung im Supermarkt.“ Denn im Anbau von bio-zertifizierten Lebensmitteln werden Ressourcen geschont. Ebenfalls leicht machbar: heimische Wildblumen und -gehölze anstelle von reinen Zierpflanzen anpflanzen. Denn hübsch anzusehende gefüllte Blüten oder pollenlose Blumenzüchtungen bieten für Insekten keine Nahrung. „Jede noch so kleine Ecke im Garten oder ein Blumentopf auf der Fensterbank kann mit der richtigen Blumenwahl zum gedeckten Tisch für Insekten werden.“ Wichtig ist dazu ein über das ganze Jahr verteiltes Nahrungsangebot. Nisthilfen für Bienen oder Insektenhotels und vor allem unaufgeräumte Bereiche im Garten bieten zahlreichen Arten ein perfektes Zuhause. 

Was es im Extremfall bedeutet, wenn die Bienen verschwinden, dazu verweisen die RP-Experten auf die entfernte Region Sichuan, eine Provinz im Südwesten Chinas, wo unzählige weiße Birnenbäume in voller Blüte stehen, aber kein Summen oder Gezwitscher mehr zu hören ist. „Jahrelanger übermäßiger und flächiger Pestizideinsatz, eigentlich gerichtet gegen Ernte-Schädlinge, führte zu einem Massensterben aller Arten von Insekten.“ Ohne Insekten gibt es auch keine Vögel. Und ohne Insekten fehlt auch die Bestäubung. Seit Jahrzenten wird jede einzelne Blüte von Menschenhand mit feinen Pinseln, Federbüscheln oder Wattestäbchen bestäubt. Eine Arbeitskraft schafft pro Tag bis zu 30 Obstbäume. Zum Vergleich: Ein gesundes Bienenvolk bestäubt in einem bis zu 30 Kilometer weiten Radius zeitgleich 16,5 Millionen Blüten. 

„Diese Szenerie ist eine sonderbare Vorstellung, aber nur vermeintlich weit weg von unserer Lebensrealität“, erläutert Lisa Küchen. Denn auch in Deutschland sind Insekten konkret vom Aussterben bedroht. 300 der 560 heimischen Wildbienenarten stehen laut dem Bundesamt für Naturschutz auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Über alle Insektenarten hinweg sind massive Populationsrückgänge und -einbrüche zu verzeichnen. Auch die zuverlässige Honigbiene steht zunehmend unter Umweltstress und viele Völker fallen Krankheiten zum Opfer. „Zahlreiche Studien belegen: Wir stehen lokal und global vor einem dramatischen Insektensterben, mit fatalen Folgen für Mensch und Natur.“

Das Insektensterben bedroht die weltweite Nahrungssicherung und essenzielle ökologische Prozesse entlang der gesamten Nahrungskette. 80 Prozent aller Pflanzen, darunter alleine zwei Drittel unserer Nahrungsmittel, sind von Bestäubern abhängig. Dazu zählen Lebensmittel, Gewürze und Arzneimittel. Die Gründe für das Insektensterben sind zersiedelte, versiegelte und aufgeräumte Landschaft, landwirtschaftliche Monokulturen, Pestizideinsatz und pollenlose Züchtungen bzw. gefüllte Blüten im Gartenbau. „Insekten haben es inzwischen sehr schwer, ihnen fehlen geeignete Lebensräume und ein vielfältiges Nahrungsangebot über das ganze Jahr hinweg“, berichtet sie weiter. Nicht zuletzt finden jeden Sommer zahllose Insekten in Bremsen- und Wespenfallen ihren Tod. 

Die Mittel, den Bienen zu helfen, sind denkbar einfach. Platz einräumen und naturnah gärtnern. Totholz, Sandhaufen, selbst Fugen zwischen Mauer- oder Pflastersteinen werden gerne von ihnen besiedelt. „Wasserstellen und ein Verzicht auf Chemie im Garten sind ebenfalls Grundlage für vieltöniges Summen und Brummen“, lautet ein weiterer Rat. Bedenken, so mehr Schädlinge einzuladen oder sich gar mehr Bienenstiche einzufangen, sind unbegründet. „Zum einen sind Wildbienen vielfach gar nicht in der Lage einen Menschen zu stechen und zudem ist ein insektenfreundlicher Balkon oder Garten eine Einladung an gerngesehene Nützlinge.“ Die Gleichung ist aus Sicht der RP-Artenschützer simpel: je bunter, umso vielfältiger ist das Leben.

Regierungspräsidium Gießen