BfN-Präsidentin Jessel: „Erfolgsorientierte Honorierung von Naturschutzleistungen hilft Naturschutz und Landwirtschaft“

Von einer intakten biologischen Vielfalt profitiert auch die Landwirtschaft

Kooperationen von Naturschutz und Landwirtschaft als Allianz gegen den Artenrückgang in der Agrarlandschaft. Auf dem Landesbauerntag in Schleswig-Holstein forderte die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN), Prof. Beate Jessel, eine stärkere Kooperation von Naturschutz und Landwirtschaft.


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„Wir brauchen eine starke Allianz von Naturschutz und Landwirtschaft um den massiven Artenrückgang auf der Fläche in Deutschland zu stoppen und eine weitere Verschlechterung des Naturhaushalts in der Agrarlandschaft zu verhindern. Von einer erfolgsorientierten Honorierung von Naturschutzleistungen profitieren Natur und Landwirtschaft“, sagte Jessel. Mit einem Flächenanteil von über 50 Prozent sei die Landwirtschaft bundesweit der größte Flächennutzer. Sie habe dadurch zwangsläufig großen Einfluss auf den Zustand der Biodiversität und stehe zugleich mit in der Verantwortung, zu ihrem Erhalt beizutragen. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft in den letzten 50 Jahren habe sich der Zustand der biologischen Vielfalt schleichend und in der Summe dramatisch verschlechtert. „In den letzten dreißig Jahren hat sich die Anzahl der Vögel in der Feldflur halbiert. Schmetterlinge und Wildbienen haben drastisch abgenommen, unsere Gewässer und Böden sind weiterhin unvermindert stark belastet. Dies ist ein Alarmsignal, denn von einer intakten biologischen Vielfalt und einem intakten Naturhaushalt ist letztlich auch die Landwirtschaft abhängig“ so die BfN-Präsidentin.

Die Sicherung der Biodiversität und der von Ökosystemen erbrachten Leistungen sollte daher nicht nur ein Anliegen des Naturschutzes darstellen, sondern auch im ureigenen Interesse der Landwirtschaft liegen. Sie stellen eine entscheidende Grundvoraussetzung für eine langfristige Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Produktion dar. Eine Vielzahl von Organismen sichere die ökologischen Funktionen in einem Landschaftsraum. Diese bilden auch die Grundlage einer Agrarproduktion und wird als funktionelle Biodiversität bezeichnet. Sie gewährleistet etwa:

  • den langfristigen Erhalt der Bodenstruktur, -funktion und -fruchtbarkeit,
  • die Aufrechterhaltung des natürlichen Schädlingsregulations-potenzials,
  • den Erosionsschutz,
  • den Nährstoffkreislauf,
  • einen ausgeglichenen Wasserhaushalt und
  • die Bestäubung der Kulturpflanzen.

Um den ökonomischen Wert der Leistungen der Natur besser einschätzen zu können und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Schädigung von Ökosystemen zu erfassen, haben die Vereinten Nationen (UNEP) die sogenannte TEEB Studie zur Ökonomie von Ökosystemen und Biodiversität durchgeführt. Eines der Ergebnisse ist, dass 75% der 115 global bedeutsamen Kulturpflanzen mit einem Marktwert von 150 Mrd. € pro Jahr von der Bestäubung durch Bienen abhängen (Früchte, Gemüse, Nüsse, Ölfrüchte, Arzneipflanzen). Dies verdeutlicht, dass durch den Verlust der Bestäuberleistung den Landwirten und den Volkswirtschaften weltweit enorme Ertragseinbußen entstehen könnten.

Auf dem Landesbauerntag stellte die BfN-Präsidentin einen Verfolgens werten Ansatz zur Finanzierung von Naturschutzleistungen in der Landwirtschaft vor. Bei der erfolgsorientierten Honorierung werden Landwirte für den Erhalt von Vorkommen bestimmter Zielarten direkt honoriert. D.h. bzgl. der hierfür zielführenden Bewirtschaftung werden den Landwirten keine Vorschriften gemacht. Wie der Landwirt also das Ziel erreicht, wird ihm selbst überlassen. „Dieses Instrument der erfolgsorientierten Honorierung, mit dem man schon gute Erfahrungen gemacht hat, sollte aus Sicht des Naturschutzes weiter fortgeführt und, wo sinnvoll, ausgeweitet werden. Denn dadurch steigt die Wirksamkeit der Agrarumweltförderung und es werden gleichzeitig Transparenz und Akzeptanz bei den Anwendern erhöht“, sagte Prof. Beate Jessel. Im Übrigen werde die erfolgsorientierte Honorierung wegen der klaren Zielvorgaben und Erfolgskontrollen auch vom EU-Rechnungshof positiv bewertet, so Jessel.

Nach Auffassung der Präsidentin dürfe es bei der Umsetzung des mit der neuen Gemeinsamen EU-Agrarpolitik eingeführten Greening nicht dazu kommen, dass ein Großteil der Betriebe so weiter wirtschaften könne wie bisher, denn dann könnten die ökologischen Ziele des Greening keinesfalls erreicht werden (Zum Greening zählen in der neuen Förderperiode die Verpflichtung zum Anbau von mehreren Feldfrüchten, zum Grünlanderhalt und zur Bereitstellung von 5 % ökologischer Vorrangflächen pro Betrieb auf der Ackerfläche). Angesichts der trotz umfangreicher Grünlandumbruchverbote in den Bundesländern nach wie vor anhaltenden Grünlandverluste, und immer noch zu hohen Gewässerbelastungen durch Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft, sei man im Naturschutz wachsam und werde die weitere Entwicklung aufmerksam beobachten, um gegebenenfalls im Rahmen von Evaluierungen frühzeitig Verbesserungen einzufordern.

Bundesamt für Naturschutz direkter Link zum Artikel