Wanderfalke kehrt nach NRW zurück

Parlamentarischer Staatssekretär Horst Becker informiert sich auf der zwölften Station der Sommertour „WildesNRW“ über den schnellsten Vogel der Welt

In NRW gelten derzeit 30 bis 40 Wirbeltierarten als ausgestorben oder verschollen. Dazu gehören neben dem Wolf oder dem Wildpferd vor allem viele Vogelarten wie der Fischadler oder das Auerhuhn.


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Bis Ende der Siebziger Jahre gehörte auch der Wanderfalke dazu. Hauptursache dafür war die Schadstoffbelastung durch Pestizide. Nur durch gezielte Schutzmaßnahmen sowie den Rückgang der Pestizidbelastung stieg die Brutpaarzahl wieder deutlich. Die ersten erfolgreichen Wiederbesiedlungen erfolgten in NRW ab dem Jahr 1989. „Artenschutz und die Wiederansiedlung von Tieren ist machbar. Wir brauchen nur den Mut und ein Stück Pioniergeist, um der Natur nicht nur zu nehmen, sondern auch zurückzugeben“, erklärte der Parlamentarische Staatssekretär Horst Becker heute beim Besuch einer Wanderfalkenbrut an der St. Suitbertus Kirche in Düsseldorf-Bilk. Auf der zwölften Station der Sommertour „WildesNRW“ informierte sich der Staatssekretär über die Wiederansiedlung und Funktion des Wanderfalken i!
m urbanen Raum.

„Direkt vor unserer Haustür befindet sich im urbanen Raum ein Stück Wildnis. Dieser Schatz vor unserer Tür will immer wieder neu entdeckt, muss aber auch geschützt werden“, sagte Becker, als er den zweithöchsten Kirchturm Düsseldorfs bestieg, um einen Wanderfalkennistplatz zu besichtigen. „Die heimische Artenvielfalt, der Schatz vor unserer Tür ist bedroht, das gilt auch immer noch für den Wanderfalken“, ergänzte Becker. „Wir sind dabei, die Festplatte unserer Natur unwiederbringlich zu löschen und müssen gegensteuern. Etwa 45 Prozent der untersuchten Tier- und Pflanzenarten sind gefährdet, vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben. Dabei sind die Ursachen des Artensterbens häufig menschengemacht. Vor allem eine zu intensive Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen und die Zerschneidung von Lebensräumen hinterlassen deutliche Spuren. Mit unseren Projekten zur Wiederansiedlung, geben wir vielen Lebensräumen und Biotopen Tier- und Pflanzenarten mit wichtigen Funktio!
nen zurück.“

Als sicher ausgestorben in NRW gelten die Säugetiere Braunbär, Elch, Wisent, Auerochse, Wildpferd, Wolf und die Fledermausart Kleine Hufeisennase. Hinzu kommen mindestens 23 Vogelarten, dazu gehören unter anderem Wiedehopf, Blauracke, Brachpieper, Kampfläufer, Goldregenpfeifer, Fischadler sowie Auer- und Birkhuhn. Bei den Fischarten gelten Finte, Maifisch, Stör und Stint als ausgestorben. Beim Maifisch kann sich die Situation in Zukunft wieder ändern, sobald sich eine sichere Population durch die Wiederansiedlung im Rhein etabliert hat.

Der Wanderfalke findet inmitten der von Kohle und Industrie geprägten Landschaften des Ruhrgebiets seine bevorzugten Lebensräume. Er nutzt die Schornsteine, Kirch- und Kühltürme, um dort seine Nester zu bauen. In seinen natürlichen Lebensräumen, wie Felslandschaften oder Steinbrüchen, ist er dagegen eher selten zu finden.

Die Ägypter nannten den Wanderfalken nur den Sonnenvogel, weil sie glaubten, dass er jeden Morgen die Sonne an den Himmel zog. Heute ist der Wanderfalke (Falco peregrinus) vor allem auch deshalb bekannt, weil er das schnellste Lebewesen auf der Erde ist: Im Sturzflug erreicht er spektakuläre Geschwindigkeiten von mehr als 300 Kilometer pro Stunde. Damit ist er fast so schnell wie ein Formel 1-Wagen. Im Jahr 2013 gab es wieder 189 Wanderfalken-Brutpaare in Nordrhein-Westfalen. Mit derzeit 339 flüggen Jungtieren wurde aktuell ein neuer Höchstwert erreicht.

Im Süden Düsseldorfs besteht seit einigen Jahren eine erfolgreiche Kooperation zwischen der Kirchengemeinde St.-Bonifatius und der Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz (AGW) im NABU-Landesverband zum Wohl des Wanderfalken. Die AGW, die in diesem Jahres ihr 25jähriges Jubiläum feiert, setzt sich ausschließlich für den praktischen Schutz und Erhalt der Wanderfalken ein. Derzeit sind rd. 100 Mitglieder aktiv, während der Brutsaison sogar noch mehr. Die Mitglieder stellen Nistkästen an Bauwerken auf, erfassen den Brutbestand und beringen die Jungvögel.

Durch ambitionierte Naturschutzprojekte konnten in den letzten Jahren aber auch deutliche Erfolge erzielt werden. Durch die Ausweisung von 100 Wildnisgebieten in den Wäldern des Landes und weiteren Schutzgebieten wurden wichtige Lebensräume für gefährdete Arten geschaffen. Einst ausgestorbene Tier- und Pflanzenarten sind mittlerweile wieder in Nordrhein-Westfalen heimisch und in ihrem Bestand gefährdete Arten konnten sich wieder erholen. So zählen die Bachforelle und viele Libellenarten zu den Gewinnern der Renaturierung und Verbesserung der Gewässergüte vieler Fließgewässer. Ehemals ausgestorbene Arten wie der Lachs sind mithilfe eines aufwändigen Wiederansiedlungsprojektes in Rheinnebenflüssen, vor allem der Sieg wieder heimisch. Auch der bis vor einigen Jahren ausgestorbene Fischotter ist in das Münsterland zurückgekehrt. „Die Verbesserung der Waldlebensräume zeigt Erfolge“, sagte Hans-Jürgen Schäfer, Abteilungsleiter Naturschutz bei Wald und Holz NRW. „Wildkatze und Schwarzstorch kehren mehr und mehr in unsere Wälder zurück. Die Rückkehrer sind für uns das Signal, dass sich die jahrzehntelangen Investitionen in die Zukunft unserer Wälder und den Artenschutz gelohnt haben“, sagte Schäfer. „Seit 1997 liegen aus Nordrhein-Westfalen vereinzelte Hinweise auf Luchse in der Eifel, im Rothaargebirge und aus dem Teutoburger Wald vor, deren Herkunft jedoch unklar ist.“ Damals gab es auch erste Hinweise, dass ein Luchs sich im Raum Hellenthal, Kreis Euskirchen, aufhalten sollte. Seit 2008 wird im südlichen Teutoburger Wald ein weiterer Luchs beobachtet. Der Luchs war seit dem 17. Jahrhundert aus unseren Wäldern verschwunden. Der letzte Luchs in Westfalen wurde am 29. November 1745 erlegt. Der Wolf ist auf dem Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalens Mitte des 19. Jahrhundert ausgerottet worden.

Weitere Informationen zu den gefährdeten und ausgestorbenen Arten in NRW sind zu finden unter

Verlust der biologischen Vielfalt bedroht das wilde NRW

In Nordrhein-Westfalen leben über 43.000 verschiedene Tier-, Pilz- und Pflanzenarten. Dieser Artenreichtum ist die Folge des Nebeneinanders zweier großer, sehr verschiedener Naturräume: Dem atlantisch geprägten Tiefland und dem kontinental geprägten Bergland. Jede dieser Regionen bietet eine historisch gewachsene Vielfalt von Lebensräumen (Biotopen) mit ihren typischen Tieren und Pflanzen, vom kleinsten Insekt über unseren „Urwald-Baum“, die Rotbuche, und den Wanderfalken als weltweit schnellstem Lebewesen bis hin zum größten Wildtier in NRW, dem europäischen Wisent. Ein Schatz direkt vor unserer Tür. Aber auch ein Schatz, der bedroht ist und den es zu bewahren gilt.

Weltweit ist die biologische Vielfalt massiv bedroht. Seit Jahrzehnten ist ein dramatischer Rückgang der Arten zu beobachten. So liegt die gegenwärtige Verlustrate in einigen Regionen der Welt etwa 100 bis 1.000 Mal höher als die natürliche Aussterberate. Auch in NRW geht der Verlust an biologischer Vielfalt weiter. Unsere Landschaften und Lebensräume haben sich durch die Eingriffe des Menschen stark verändert. Dies zeigt zum Beispiel ein Blick auf die Wälder in Deutschland: Von Natur aus wären rund zwei Drittel der Fläche Deutschlands von unserem Ur-Baum, der Rotbuche, bedeckt. Heute sind es real aber nur noch knapp sechs Prozent der Fläche.

Unser Naturerbe in NRW zu erhalten, ist eine Herkulesaufgabe, denn auch in NRW konnte bisher das Artensterben nicht aufgehalten werden: Etwa 45 Prozent der untersuchten Tier- und Pflanzenarten sind gefährdet, vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben. Nach der aktuellen „Roten Liste NRW“ sind dabei Schmetterlinge (rund 55 Prozent), Moose (60 Prozent), Kriechtiere (etwa 71 Prozent) sowie Vögel und Wildbienen/Wespen (jeweils rund 52 Prozent betroffen) überdurchschnittlich gefährdet.

Die Ursachen des Artensterbens sind häufig menschengemacht: Hierzu gehören unter anderem die zu intensive Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen, die Zerstörung und Zerschneidung naturnaher Lebensräume und der fortschreitende Flächenfraß. So gehen täglich in NRW etwa 10 Hektar an wertvollen Lebensräumen für eine Vielzahl von Tier-, Pilz- und Pflanzenarten verloren.

Das NRW-Umweltministerium will dem fortschreitenden Verlust der biologischen Vielfalt mit einer neuen Biodiversitätsstrategie und einem neuen Landesnaturschutzgesetz entgegenwirken. Beide Vorhaben sollen in den nächsten beiden Jahren umgesetzt werden.

Weitere Informationen zum Thema und zur Sommertour 2014:

Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen direkter Link zum Artikel