BVerwG: Gewerbliche Sammlung von Sperrmüll zulässig

Entgegenstehen überwiegender öffentlicher Interessen nur bei Marktzutritt

Der 7. Senat des Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteilen vom 23.02.18 [Az.: 7 C 9.16; 7 C 10.16] entschieden, dass Sperrmüll nicht unter den Begriff der „gemischten Abfälle“ im Sinne von §17 Abs. 2 Satz 2 KrWG fällt und daher grundsätzlich einer gewerblichen Sammlung zugänglich ist.


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Das Gericht gab der Revision der Klägerin statt und verwies die Sache insoweit zurück an das Berufungsgericht. Ferner stellte es fest, dass einer gewerblichen Sammlung keine öffentlichen Interessen entgegenstehen, wenn die Sammlung schon vor dem Inkrafttreten des KrWG im Jahr 2012 durchgeführt wurde; in diesem Fall fehle es an einem neuem Marktzutritt. Die Anschlussrevision des beklagten Ennepe-Ruhr-Kreises, der durch die [GGSC] Anwälte Hartmut Gaßner und Linus Viezens vertreten war, wurde abgewiesen.

Zugrundeliegender Sachverhalt und Verfahrensgang

Ausgangspunkt für den Rechtsstreit war die Untersagung der gewerblichen Sammlung von Altpapier, Grünabfällen, Altmetall und „sonstigen gemischten Abfällen“ durch die Klägerin. Die Klage gegen den Bescheid wurde vom VG Arnsberg abgewiesen. Das OVG NRW gab der Berufung insoweit statt, als dass es die Untersagung der Sammlung von Altpapier, Grünabfällen und Altmetall für rechtswidrig erklärte. Die Untersagung bzgl. „sonstiger gemischter Abfälle“ hielt das Gericht für rechtmäßig, da solche Abfälle nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 KrWG nicht gewerblich gesammelt werden dürften, sondern eine Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bestehe. Die Klägerin machte geltend, sie habe mit „sonstige gemischte Abfälle“ Sperrmüll gemeint, jedoch stellte das Gericht fest, dass, selbst wenn die Klägerin nicht an den genauen Wortlaut ihrer Anzeige gebunden sei, Sperrmüll unter den Begriff „gemischte Abfälle“ falle und daher eine Überlassungspflicht bestehe.

Auslegung des Begriffs „gemischte Abfälle“

Die Klägerin legte Revision ein und beantragte den Untersagungsbescheid bzgl. aller Abfallsorten aufzuheben. Der Beklagte legte Anschlussrevision ein und beantragte die Berufung abzuweisen und die Rechtsmäßigkeit der Untersagung insgesamt festzustellen. In der mündlichen Verhandlung am 22.02.2018 beschäftigte sich der Senat mit der Frage, ob Sperrmüll unter den Begriff „gemischte Abfälle“ i.S.d. §17 Abs. 2 Satz 2 KrWG fällt. Dafür stellte er entscheidend auf die Entstehungsgeschichte ab. Nach der historischen Auslegung ist nach Auffassung des Senats mit dem Begriff „gemischter Abfall“ im Sinne von §17 Abs. 2 Satz 2 KrWG nur gemischter Siedlungsabfall nach der Abfallschlüsselnummer 20 03 01 AVV und nicht (auch) Sperrmüll nach dem Abfallschlüsselnummer 20 03 07 AVV gemeint.

Marktzutritt als Voraussetzung für Untersagung

Zwar beanstandete das BVerwG, dass das OVG NRW gemeinnützige Sammlungen nicht in die Berechnung der Irrelevanzschwelle einbezogen und gewerbliche Sammlungen nur berücksichtigt hatte, wenn sie vor dem Zeitpunkt der Anzeige der Klägerin angezeigt worden sind. Gleichwohl könne das Urteil trotz der Mängel insoweit im Ergebnis Bestand haben, da die Klägerin schon lange (auch vor dem Inkrafttreten des neuen KrWG) die Sammlung in demselben Umfang durchgeführt habe und daher kein neuer Marktzutritt vorläge, der den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger beeinträchtige.

Es bleibt mit Spannung abzuwarten, welche genaue Begründung der Senat in den Urteilsgründen niederlegen wird. Nach der Zurückverweisung wird zu klären sein, ob der gewerblichen Sammlung von Sperrmüll überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Das Thema Marktzutritt wirft neue Fragen der Berechnung der Irrelevanzschwelle auf. [GGSC] geht davon aus, dass auch diese Entscheidung nicht das letzte Wort des BVerwG zur Irrelevanzschwelle gewesen sein wird. Bei der zukünftig möglichen gewerblichen Sammlung von Sperrabfällen werden die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und Abfallbehörden genau darauf zu achten haben, dass keine unzulässigen Abfälle, wie etwa Elektroschrott und gefährliche Abfälle, miterfasst werden.

Gaßner, Groth, Siederer & Coll