Update gewerbliche Sammlungen (Teil 2)

Das Verwaltungsgericht München hatte über die Rechtmäßigkeit einer Untersagung der gewerblichen Sammlung von Alttextilien aus privaten Haushaltungen zu entscheiden

Die Untersagung der Sammlung war bereits rechtmäßig, weil die Klägerin die Gewährleistung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der Abfälle nicht hinreichend dargelegt hat (§ 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG).


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Im konkreten Fall hatte die Klägerin nur einen Altvertrag über den Verkauf der Abfälle vorgelegt. Dieser belegte nach Ansicht des Gerichts nicht, dass das Entsorgungsunternehmen willens und in der Lage sei, die – gesamten – Abfälle der Sammlung anzunehmen (Urteil v. 27.07.2017, Az.: M 17 K 17.286).

Zudem bejahte das Gericht auch die Voraussetzungen einer Untersagung gem. § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Alt. 2 KrWG. Der gewerblichen Sammlung der Klägerin stünden überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Das Verwaltungsgericht wendete auf der Grundlage der Entscheidung des BayVGH, Beschluss vom 30.01.2017 – 20 CS 16.1416 – die „relative“ Berechnungsmethode für die Bestimmung des Mengenentzuges an: In einem ersten Schritt seien die Anteile des örE sowie der rechtmäßig durchgeführten privaten Sammlungen am Gesamtaufkommen zu ermitteln. Anders als in vorangegangenen Entscheidungen wurde die Menge der gemeinnützigen Sammlungen nicht in die örE-Menge eingestellt (örE: 762,67 Mg, gemeinnützige Sammler: 68,58 Mg). Auf die rechtmäßig sammelnden gewerblichen Sammlungen entfielen 120,20 Mg. An dem Gesamtsammelaufkommen an Alttextilien (951,45 Mg) hatte der örE also einen Anteil von 80,16 %.

In einem zweiten Schritt stellte das VG eine Prognose der anstehenden Veränderungen durch die Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit anderen privaten Sammlungen an. Hierbei war eine derzeit angezeigte Sammelmenge in Höhe von 520 Mg/Jahr zu berücksichtigen. Ausgehend davon sei ein prognostizierter Rückgang des Anteils des örE um 54,65 % auf 25,51 % zu prognostizieren und die Irrelevanzschwelle in Höhe von 10 % bis 15 % deutlich überschritten.

Andere – zutreffende - Auffassung zur Irrelevanzschwelle

Auch das Verwaltungsgericht Potsdam hatte über die Rechtmäßigkeit einer mengenmäßigen Beschränkung und Befristung einer gewerblichen Sammlung von Altpapier aus privaten Haushaltungen zu entscheiden. Dabei kam es zur Beurteilung, ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG anzunehmen sei, ebenfalls darauf an, wie eine Mengenberechnung der insoweit maßgeblichen Irrelevanzschwelle zu erfolgen hat.

Das Verwaltungsgericht schließt sich hierbei ausdrücklich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an und stellt zunächst die Menge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers fest. Dem stellte das Gericht die angezeigte Sammelmenge des klagenden Sammlers, die Sammelmenge der weiteren angezeigten, aber noch nicht bestandskräftig untersagten Sammlungen sowie die Menge der gemeinnützigen Sammlungen gegenüber. Der Anteil der angezeigten gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen betrug 24,76 %. Selbst wenn auf der Seite der privaten Sammler auf die in der Anzeige gemeldeten Menge abzustellen wäre, wäre die Überschreitung der Irrelevanzschwelle mit 23,32 % gegeben.

Für die Praxis ist bei der Untersagung gewerblicher Sammlungen wegen Beeinträchtigung öffentlicher Interessen zutreffenderweise auf die angezeigten absoluten Werte abzustellen. Die zum Teil von bayerischen Verwaltungsgerichten vertretene Berechnungsweise, die auf die oben skizzierte relative Veränderung der Sammelmengen abstellt, wird richtigerweise von zahlreichen Verwaltungsgerichten nicht geteilt, da sie den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht. Dies gilt insbesondere für den sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes ergebenden Umstand, dass es bei der Bewertung der Beeinträchtigung des örE auf das Zusammenwirken aller – gemeinnützigen wie gewerblichen – Sammlungen ankommt.

Personelle und organisatorische Trennung von Unterer Abfallbehörde und öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger

Der BayVGH hatte in zwei Verfahren u.a. über die Rechtsfrage, ob bei der Untersagung einer gewerblichen Sammlung die Anforderungen an das Neutralitätsgebot eingehalten wurden, zu entscheiden. Im konkreten Fall ersuchte der für den Vollzug des (staatlichen) Abfallrechts zuständige Sachbearbeiter des Umweltamtes einer kreisfreien Stadt in Bayern, welches dem Referat nachgeordnet ist, den damals innerhalb desselben Amtes für die kommunale Abfallwirtschaft zuständigen Sachbearbeiter um Stellungnahme nach § 18 Abs. 4 KrWG. Er bat seinen Kollegen im Ergebnis, die Sammlung der Klägerin wegen Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von diesem beauftragten Dritten zu untersagen.

Der BayVGH stellt zunächst heraus, dass das aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des fairen Verfahrens abgeleitete Neutralitätsgebot im Falle der Doppelzuständigkeit einer Behörde (wie hier) zwar keine Trennung der Rechtsträger, aber eine hinreichende personelle und organisatorische Aufgabentrennung verlange. Dies gelte auch für den Fall, dass die Aufgaben von Unterer Abfallbehörde und öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch dieselbe Behörde wahrgenommen würden. Nach Auffassung des VGH sei eine ausreichende personelle und organisatorische Trennung dann gewährleistet, wenn für die beiden Aufgabenbereiche der Unteren Abfallbehörde und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers jeweils unterschiedliche zeichnungsberechtigte Amtswalter zuständig seien und diesen nicht derselbe unmittelbare Vorgesetzte übergeordnet sei.

Für die Praxis bedeutet das in erster Linie: In Behörden, die keine Trennung zwischen öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und Unterer Abfallbehörde kennen, sollte intern geprüft und ggf. durch Umorganisation sichergestellt werden, dass nicht derselbe zeichnungsberechtigte Amtswalter zugleich für die Untere Abfallbehörde und den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger tätig wird. Es wäre vorsorglich außerdem zu prüfen und ggf. durch Umorganisation sicherzustellen, dass die jeweils zeichnungsberechtigten Amtswalter nicht denselben unmittelbaren Vorgesetzten haben.

Gaßner, Groth, Siederer & Coll