Überlassungspflichten [GGSC]
Berlin - 11.01.2017

Die Mitbenutzung des kommunalen PPK-Erfassungssystems durch Systembetreiber rückt erneut in das Blickfeld von Überlassungs- und Vergütungsansprüchen

Das Bundeskartellamt eröffnete im vergangenen Sommer gegen drei kommunale Entsorger kartellrechtliche Verwaltungsverfahren. In diesen Verfahren soll jeweils geprüft werden, ob eine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch die Kommune vorliegt. Überprüft werden hierzu folgende Verhaltensweisen der kommunalen Entsorger:

Das duale System wollte mit den kommunalen Entsorgern statt einer Erlösbeteiligung für die Altpapierverwertung künftig die physische Herausgabe für seinen Sammelanteil vereinbaren. Das duale System wollte diesen Anteil in eigener Verantwortung verwerten.

„Problematisches Verhalten“ der kommunalen Entsorger

Dies wurde durch die kommunalen Entsorger in den drei betreffenden Fällen abgelehnt. Stattdessen boten die kommunalen Entsorger den Systembetreibern alternative Möglichkeiten an, die allerdings in keinem Fall eine ungeschmälerte Herausgabe der PPK-Verpackungen an das duale System vorsahen.

Einwand des Kartellamtes

Das Bundeskartellamt prüft nun, ob die Wahlfreiheit der Systembetreiber durch die kommunalen Entsorger unzulässig eingeschränkt wurde: Indem der kommunale Entsorger in seinem Gebiet der Wettbewerbshüter möglicherweise marktbeherrschend bei der Altpapiersammlung auftrete und den Abschluss eines Erfassungsvertrages ohne sachliche Rechtfertigung an die Bedingung der Beauftragung mit der Altpapierverwertung knüpfe, sei dies unter Umständen eine wettbewerbsrechtlich unzulässige Koppelung. Der Systembetreiber habe keine Alternative und sei daher in einer Zwangslage. Dem Systembetreiber sei es verwehrt, seine aus dem Verpackungsrecht folgende Verwertungsleistung von Verpackungsabfällen in eigener Verantwortung zu erbringen. Dies wäre nach § 19 Abs. 1 GWB verboten und könnte nach entsprechender Entscheidung des Bundeskartellamts zu Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen nach § 33 Abs. 1 GWB gegen die Kommune führen.

Folgen für die Praxis

Das Bundeskartellamt wird zunächst prüfen müssen, ob die Kommunen durch ihr „problematisches Verhalten“ überhaupt eine marktbeherrschende Stellung einnehmen. Wenn dies der Fall ist, ist zu entscheiden, ob die Kommune diese missbräuchlich ausnutzt. Sofern und soweit das Bundeskartellamt dies feststellt, besteht gegen diese – ohnehin nur für die betreffenden Kommunen bindende – Entscheidung die Möglichkeit der Beschwerde. Es sprechen hier z.B. mit den abfallrechtlichen Regelungen zu den Überlassungspflichten oder der BGH-Rechtsprechung zum Eigentum bzgl. der Wertstoffe durchaus gute Gründe dafür, dass sich im Streitfall die kommunalen Entsorger mit Erfolg gegen eine Intervention des Bundeskartellamtes wehren könnten.

Selbst wenn das Bundeskartellamt im Ergebnis eine unzulässige Kopplung zwischen Sammlung und Verwertung feststellen sollte, ist damit nicht unmittelbar etwas über den eigenen Entgeltanspruch der Kommune gegen den Systembetreiber für die Sammlung des PPK-Mitbenutzungsanteils gesagt: Wie das OLG Düsseldorf bereits im vergangenen Jahr festgestellt hatte (vgl. Urteil vom 04.02.2015, Az.: VI-U (Kart) 16/14, Rn. 14), besteht kein Anlass und keine Rechtfertigung, die Systembetreiber von ihrer Verpflichtung freizustellen, für die in ihrem Interesse erfolgte Wertstofferfassung den gesetzlich vorgesehenen Aufwendungsersatz zu zahlen.

Ob sich das Bundeskartellamt bei alledem auch zu der weiteren wichtigen Frage äußern wird, wie sich die Kommune bzw. der kommunale Entsorger angesichts praktischer Schwierigkeiten (Aussortierung des PPK-Anteils, Berücksichtigung der Qualität des PPK-Gemischs auf den Wert des Erlöses) aus seiner Sicht rechtmäßig verhalten soll und kann, bleibt abzuwarten. Erfreulich ist in jedem Fall, dass die von interessierter Seite immer wieder angeführte kartellrechtliche Argumentation ggf. einer Klärung zugeführt wird.

Teilen Sie diesen Beitrag


Gaßner, Groth, Siederer & Coll