Berlin, 21.08.2023
Hohe Anforderungen für öffentliche Auftraggeber bei Ausschluss wegen früherer Schlechtleistung
Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit einen Bieter zu jedem Zeitpunkt vom Vergabeverfahren ausschließen, wenn dieser eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies eine vorzeitige Vertragsbeendigung, Schadensersatz oder ein vergleichbares Szenario zur Folge hatte. Welche Anforderungen konkret an den Nachweis zu stellen sind, ist Gegenstand einer aktuellen Entscheidung der VK Sachsen.
Berlin, 31.07.2023
Rückforderung von Fördermitteln und Planerhaftung
Wurden für ein Projekt Fördermittel gewährt, muss der Empfänger bei der Beauftragung Dritter regelmäßig Vergaberecht anwenden. Ein Hauptrisiko der Rückforderung von Fördermitteln liegt dann in etwaigen Vergabefehlern, die – im Anschluss an das Projekt – vom Fördermittelgeber identifiziert werden. Kommt es tatsächlich zur Rückforderung, können Haftungsansprüche gegenüber Planern bzw. beratenden Ingenieuren infrage kommen. Gleichzeitig kann aber ein „Mitverschulden" des Fördermittelempfängers zu verzeichnen sein. Darauf weist das OLG Naumburg in einem Urteil vom 16.12.2022 (Az.: 7 U 40/22 Kart) hin.
Berlin, 24.07.2023
Inhouse-Vergabe bei fehlender Anwendbarkeit des GWB-Vergaberechts?
Finden die Vorschriften des GWB-Vergaberechts auf einen bestimmten Leistungsbereich keine Anwendung, sind auch die Inhouse-Ausnahmen des § 108 GWB nicht anwendbar. So sieht es jedenfalls das OLG Naumburg für die Vergabe von Wasserkonzessionen, welche ausdrücklich von der Anwendung des GWB-Vergaberechts ausgenommen sind (Urteil vom 03.06.2022, 7 U 6/22 Kart).
Berlin, 10.07.2023
Nachhaltige Beschaffung der öffentlichen Hand fördern!
„Die von der Bundesregierung geplante Reform des Vergaberechts sollte dazu genutzt werden, Umweltkriterien im Vergabeverfahren auch in der praktischen Umsetzung zu fördern.“ [GGSC]-Partner und Fachanwalt für Vergaberecht Jens Kröcher wirbt hierfür in einem Interview mit dem Bundesverband nachhaltige Wirtschaft e.V. (BNW) und ergänzt: „Verzichtet werden sollte hingegen auf ‘Pro-Forma-Eigenerklärungen‘, deren Inhalte weder im Vergabeverfahren, geschweige denn im Vertragsvollzug überprüft werden können.“
Berlin, 03.07.2023
Loslimitierung als Gestaltungsmöglichkeit
Bei der Vergabe größerer Mengen teilbarer Leistungen (z.B. Entsorgungsleistungen für den Betrieb von Großanlagen) stellt sich häufig die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass für die Erfüllung der Leistungen nicht nur ein einziger Vertragspartner zur Verfügung steht. Eine Gestaltungsmöglichkeit, um dieses Problem zu lösen, ist die sog. Loslimitierung. Dabei erfolgt eine Aufteilung der Gesamtleistung in Teillose und es wird festgelegt, dass ein Bieter jeweils nur für einen Teil der Lose anbieten bzw. dafür den Zuschlag erhalten kann.
Berlin, 28.06.2023
Kommunaler Beitrag zur Energiewende
Die Energiewende ist in aller Munde. In der politischen Debatte auf Bundesebene kann man den Eindruck gewinnen, dass es vornehmlich darum geht, zu beschreiben, welche Maßnahmen nicht umgesetzt werden sollen. Da ist es ermutigend, dass sich immer mehr Kommunen auf den Weg machen, ihren Beitrag zum Klimaschutz vor Ort zu leisten.
Berlin, 26.05.2023
Aufhebung und Auftragswertschätzung
Die COVID-19 Pandemie führte zu Lieferengpässen und Materialpreissteigerungen in der Baubranche, die sich mit Eintritt des Krieges in der Ukraine verschärften.
Berlin, 22.05.2023
Fehlen der letzten Seite des Angebotsformulars 213 als Ausschlussgrund?
Fehlt im Angebotsformular, das digital in einem Verfahren der e-Vergabe über eine Plattform eingereicht worden ist, die letzte Seite mit dem dortigen „Unterschriftenfeld" (hier: Formular 213), muss dies nicht zwingend den Ausschluss des Angebots zur Folge haben. Zumindest soll dies dann gelten, wenn aus den übrigen Seiten des Angebots zuverlässig auf das Bieterunternehmen geschlossen werden kann. Die Vergabekammer Sachsen hielt stattdessen die Nachforderung der letzten Seite in einem VOB/A-Verfahren für zulässig (Beschl. v. 13.03.2023, Az.: 1/SVK/034-22).
Berlin, 03.05.2023
EuGH zu Anforderungen an vergabefreie Zusammenarbeit
Trotz Kodifizierung der Anforderungen an vergabefreie Kooperationen und In-House-Geschäfte in § 108 GWB bleiben weiterhin Fragen offen. Konkretisierungen hat der EuGH in einem Urteil vom 22.12.2022 vorgenommen (Az.: Rs. C-383/21 u. C-384/21 – Sambre & Biesme). Diese betreffen die Kontrolle über eine gemeinsame In-House-Gesellschaft einerseits und die Anforderungen an die horizontale Zusammenarbeit andererseits.
Berlin, 24.04.2023
Muss man wegen des Krieges in der Ukraine Preisgleitklauseln vereinbaren?
Die VK Lüneburg hat bekräftigt, dass jedenfalls bei Bauvergaben unverändert eine Verpflichtung bestehe, Preisgleitklauseln zu vereinbaren. Wegen des Ukrainekriegs sei eine Ausschreibung ohne Preisgleitklausel ein Verstoß gegen das Verbot, den Bietern ein ungewöhnliches Wagnis aufzuerlegen. (Beschl. v. 01.02.2023, Az.: VgK-27/2022).
Berlin, 15.03.2023
Grundsätze und Neuigkeiten zum Thema Zuschlagskriterien
Anhand der Zuschlagskriterien bewertet der Auftraggeber das Preis-Leistungs-Verhältnis der beschafften Leistungen. Insbesondere kann er auf diese Weise Qualität und Preis in Ausgleichung bringen. Ein aktueller Beschluss der VK Bund vom 07.12.2022, VK 2-96/22 ruft die Anforderungen an Zuschlagskriterien in Erinnerung. Ausgehend davon wendet er diese Grundsätze auf eine besondere Situation in einem Verfahren zur Beschaffung von IT-Beratungsleistungen an.
Berlin, 13.03.2023
Keine automatische Rückforderung von Zuwendungen bei Vergabeverstößen
Die Gewährung staatlicher Zuwendungen erfolgt häufig unter dem Vorbehalt einer ordnungsgemäßen Auftragsvergabe. Bei Verstößen gegen das Vergaberecht droht die Rückforderung der Fördermittel. Jedoch kann der Auftraggeber diese nicht automatisch insgesamt zurückverlangen. Eine Rückforderung ist insbesondere dann nicht rechtmäßig, wenn der Zuwendungsgeber seinen Ermessensspielraum hinsichtlich des „ob“ und „wie“ nicht rechtskonform ausübt.
Berlin, 08.03.2023
Die hohen Hürden einer Dringlichkeitsvergabe
Dringlichkeitsvergaben ermöglichen öffentlichen Auftraggebern kurzfristig eine schnelle, rechtssichere und wirtschaftliche Beschaffung. Insbesondere in Krisenzeiten (z.B. COVID 19-Pandemie, Ukraine-Krieg) bieten die Ausnahmevorschriften zur Dringlichkeitsvergabe einen hilfreichen Lösungsansatz zur Verfahrenserleichterung. Auch die Aufhebung eines Vergabeverfahrens durch eine Vergabekammer kann eine Interimsvergabe in Form einer Dringlichkeitsvergabe erforderlich machen. Um auch hier die wettbewerblichen Grundsätze des Vergabeverfahrens zu berücksichtigen, sind derartige Vergaben nur in sehr engen, vom Gesetz definierten Grenzen möglich. Dies veranschaulicht eine aktuelle Entscheidung des OLG Frankfurt a.M.
Berlin, 06.03.2023
EuGH: Transparenz oder Vertraulichkeit – was überwiegt?
In nahezu allen Nachprüfungsverfahren stellt sich die Frage, in welchem Umfang dem Beschwerdeführer Einblick in die Angebotsinhalte der weiteren Bieter zu gewähren ist. Der EuGH hat jetzt in einer aktuellen Entscheidung betont, dass es einer umfassenden Abwägung der Erfordernisse der Transparenz und des wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes gegen den Schutz der Vertraulichkeit von schützenswerten Informationen bedarf. Außerdem hat er sehr praxisrelevante Hinweise gegeben, wie in Einzelfällen – etwa durch teilweise geschwärzte Informationen – jedenfalls Zugang zum wesentlichen Inhalt von Informationen gewährt werden kann.
Berlin, 01.03.2023
Preisanpassung aufgrund Ukraine-Krise bei Dienstleistungsvergaben? – Fortsetzung
In unserem Beitrag vom 07.12.2022 (Rubrik: GGSC/ Vergaberecht) hatten wir von einer Entscheidung der VK Bund zum Thema Preisanpassungsmöglichkeiten aufgrund der Ukraine-Krise berichtet (Beschluss vom 19.10.2022, Az. VK 1 85/22). Die VK Bund hatte entschieden, dass Preisanpassungsklauseln bei Liefervergaben nicht zwingend in den Vergabeunterlagen vorgesehen sein müssen. Mittlerweile wurde die Entscheidung veröffentlicht, sodass wir Ihnen nähere Auskunft zu den Entscheidungsgründen geben können.
Berlin, 27.02.2023
Die Förderung klimaschonender Nutzfahrzeuge wird um zwei Jahre verlängert
Aufgrund der großen Nachfrage hat die Europäische Kommission einer Verlängerung der Richtlinie über die Förderung von Nutzfahrzeugen mit alternativen, klimaschonenden Antrieben und dazugehöriger Tank- und Ladeinfrastruktur (KsNI-Richtlinie) des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) zugestimmt. Damit endet die Laufzeit des Förderprogramms nicht bereits zum 31.12.2024, sondern erst zum Ende des Jahres 2026. Auch die Gesamtmittelausstattung sowie der bewilligungsfähige Höchstbetrag pro Antragsteller werden erhöht.
Berlin, 20.02.2023
Wettbewerbsregister: Wirkungsvolle Abfrage – aufwändige Registrierung
Die Abfrage beim digitalen Wettbewerbsregister ist seit Mitte letzten Jahres für viele Vergabeverfahren zum verpflichtenden Bestandteil geworden. Der Präsident des Bundeskartellamts Andreas Mundt begrüßte die Einführung als „wirkungsvolles Abschreckungsinstrument gegen Wirtschaftsdelikte“. In puncto Umfang wird sich das Wettbewerbsregister in der kommenden Zeit wohl stetig ausdehnen, es werden bis zu 600.000 Abfragen jährlich erwartet. Diese kommen zu einem großen Teil von öffentlichen Auftraggebern. Aber auch Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber können zur Abfrage verpflichtet sein.
Berlin, 18.01.2023
Angebotsöffnung kann auch von Dritten vorgenommen werden
Die Öffnung von Angeboten muss nach § 55 Absatz 2 Satz 1 VgV gemeinsam von mindestens zwei Vertreter:innen des öffentlichen Auftraggebers durchgeführt werden. Die Vergabekammer Südbayern hatte bisher die Auffassung vertreten, dass es sich hierbei um eine „ureigene Aufgabe“ des Auftraggebers handelt, die nicht delegiert werden kann. Dies wurde nunmehr für den Fall der Durchführung einer e-Vergabe aufgegeben.
Berlin, 09.01.2023
Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Anwalts – Argumentationshilfe BayObLG
Nicht selten bedienen sich im Fall eines Nachprüfungsverfahrens auch die Vergabestellen einer anwaltlichen Vertretung. Diesbezügliche Kosten sind bei Obsiegen der Vergabestelle vom Antragssteller zu tragen, wenn die Hinzuziehung der anwaltlichen Vertretung von der Vergabekammer „für notwendig“ erklärt wurde. Auch wenn diese Notwendigkeit häufig schon wegen der Schwierigkeiten der relevanten Fragen sowie der wirtschaftlichen Bedeutung eines Auftrages begründet ist, wird sie gelegentlich von Antragstellern (zur Ersparnis von Kosten) in Frage gestellt. Gute Argumentationshilfe bietet für solche Fälle ein aktueller Beschluss des BayObLG (Verg 1/22) aus einem von [GGSC] betreuten Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren.
Berlin, 19.12.2022
Abschied von Altbekanntem: EU-Standardformulare werden durch eForms abgelöst
Öffentliche Auftraggeber müssen sich langsam von den Standardformularen zur Bekanntmachung von öffentlichen Aufträgen auf der TED-Ausschreibungsbank verabschieden. Seit dem 14. November 2022 können öffentliche Auftraggeber für europäische Auftrags- und Vergabebekanntmachungen auf sog. eForms zurückzugreifen, ab 25. Oktober 2023 ist die Anwendung dann verpflichtend.