Maximale Transportentfernung

Zulässige Vorgaben zum Leistungsort im Vergabeverfahren

Die Bestimmung eines Leistungsortes in den Vergabeunterlagen gehört zum Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers und kann dann zulässig sein, wenn sie sachlich legitimiert ist, die Vorgaben zur Erreichung dieses Zweckes geeignet sind und sich die Ungleichbehandlung auf das Notwendigste beschränkt.


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Abtransport von Sperrmüll – bitte nicht über die Rheinbrücken!

In einem Nachprüfungsverfahren vor dem OLG Koblenz (Beschluss vom 22.07.2014, Az.: 1 Verg 3/14) ging es um eine Vergabe von Leistungen im Zusammenhang mit der Entsorgung von Sperrmüll in der Rhein-Neckar-Region im offenen Verfahren. Gegenstand der Ausschreibung war die Übernahme von Sperrmüll an bestimmten Annahmestätten, die Sperrmüll-Aufbereitung für die thermische Verwertung und der Transport zum Müllheizkraftwerk.

In der Ausschreibung verlangte die Auftraggeberin für jedes der sieben Entsorgungsgebiete eine Annahmestätte, die innerhalb eines bestimmten Umkreises um den in den Vergabeunterlagen mit Koordinaten präzisierten geographischen Mittelpunkt der jeweiligen Entsorgungsgebietes liegt und ließ nur linksrheinisch gelegene Annahmestätten für den Sperrmüll zu. Der Sperrmüll sollte nicht über die Rheinbrücken transportiert werden.

Die Auftraggeberin begründete dies mit dem Ziel, die eingespielten Tourenpläne bei gleichbleibendem Material und Personal zeitlich beibehalten zu können. Die linksrheinische Ortsvorgabe wurde gefordert, um eine Verzögerung durch den Transport über den Rhein wegen der angespannten Verkehrssituation auf den Rheinbrücken zu vermeiden.

Keine Bedenken seitens des OLG Koblenz

Das OLG hat diese Begründung nicht beanstandet. Die Festlegung einer maximalen Transportentfernung zum Übergabeort für Abfälle sei nicht per se vergaberechtswidrig, auch wenn sie faktisch wettbewerbsbeschränkend wirkt. Die Bestimmung des Leistungsortes dürfe zwar nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot und das aus ihm ableitbare Verbot des regionalen Protektionismus verstoßen. Allerdings liege kein Verstoß vor, wenn die Ortsvorgabe gerechtfertigt sei. Das OLG orientiert sich dabei an den Kriterien „legitimes Ziel“, „sachliche Nachvollziehbarkeit“ und Beschränkung der möglichen Ungleichbehandlung auf das „unbedingt Notwendige“.

Eingespielte Tourenpläne als legitimes Ziel

Als legitimes Ziel ist hiernach ausreichend, die Abfallentsorgung auf eine bewährte Weise unter Beibehaltung eingespielter Tourenpläne sicherzustellen. Bei einem Tourenplan mit mehreren Touren und Ablieferungsorten könne eine Verzögerung bei einer Tour zu einer Kettenreaktion über die gesamte Woche hinweg führen. Daher sei eine gute Erreichbarkeit für die Einhaltung der seit vielen Jahren bestehenden Tourenpläne Voraussetzung.

Damit gesteht das Gericht dem Auftraggeber zu, dass eine komplizierte, zeitaufwändige und teure Umorganisation der Einsammelsysteme nicht erforderlich sei, um damit eine größere Flexibilität bei der Leistungsbeschreibung erreichen zu können. Für den Vergabesenat sind die Vorgaben auch geeignet, das legitime Ziel zu erreichen. Die möglichen Erschwernisse müssten auf das Nötigste beschränkt sein, was vorliegend angenommen wurde.

Sachliche Nachvollziehbarkeit

Das Gericht hält die Ortswahl und damit räumliche Beschränkung auch für sachlich nachvollziehbar, da sich die Radien der Umkreise, innerhalb derer die Annahmestätten liegen sollen, an dem Zeitaufwand für ein Entsorgungsfahrzeug orientierten, als die Anlieferung noch direkt am MHKW erfolgte.

Auf diesen Zeitaufwand waren und sind die Tourenpläne abgestimmt. Auch wenn andere Kriterien wie Höchstfahrzeiten oder maximale Straßenkilometer denkbar seien, mindere dies nicht die Zulässigkeit der gewählten objektiven Methode.

Auch die Beschränkung auf linksrheinische Annahmestellen hält das Gericht für sachlich gerechtfertigt, da eine Vermeidung der Benutzung der Rheinbrücken geeignet sei, das Verzögerungsrisiko erheblich zu verringern und das gewohnte und eingespielte System der Abfallentsorgung beizubehalten.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Koblenz ist zu begrüßen und betont zu Recht das Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers. Den immer wieder zu beobachtenden Versuchen von Bietern, in Vergabeverfahren dieses Recht in Abrede zu stellen und eine auf ihre Leistungsfähigkeit zugeschnittene Leistungsbeschreibung zu fordern, kann in der Regel von Seiten der Vergabestellen mit Gelassenheit begegnet werden.

Gaßner, Groth, Siederer & Coll.