Wann wird ein Insolvenzverwalter zum Deponiebetreiber?

Die Haftung des Insolvenzverwalters für Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners ist ein „Evergreen“ vor den deutschen Gerichten und auch in Bezug auf abfallwirtschaftliche Pflichten interessant. Augenmerk verdient eine aktuelle Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) zur Verhaltensverantwortlichkeit eines Insolvenzverwalters bei der von einer insolventen GmbH geschuldeten Deponienachsorge. Jenseits von Spezialfragen des Insolvenzrechts definiert der BayVGH darin, was die Betriebsführung einer Deponie beinhaltet und wer als Deponiebetreiber in die Haftung genommen werden kann.


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Nachsorgepflichten als Masseverbindlichkeiten?

Eine GmbH hatte in den Jahren 1971–1992 Ablagerungen auf ihr nicht gehörenden Grundstücken vorgenommen und wurde deshalb im Jahr 2014 vom Landratsamt zur Nachsorge unter Androhung von Zwangsgeldern herangezogen. Im Jahr 2017 wurde ein Insolvenzverwalter über das Vermögen der GmbH bestellt. Das Landratsamt stufte die Nachsorgepflichten der GmbH aus dem Jahr 2014 als Masseverbindlichkeiten ein und setzte weitere Zwangsgelder für den Fall der Nichterfüllung fest. Im Jahr 2018 hat das VG Augsburg die hiergegen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 02.10.2018, Az.: Au 8 K 18.633). Unstreitig befinde sich die Deponie in der Nachsorgephase und der Insolvenzverwalter sei zum Deponiebetreiber geworden, indem er die der GmbH als ursprünglicher Deponiebetreiberin obliegenden Nachsorgepflichten nicht erfüllt habe. Gegen dieses Urteil hat der Insolvenzverwalter vor dem BayVGH mit Erfolg Berufung eingelegt.

Insolvenzverwalter wird nicht automatisch Deponiebetreiber

Der BayVGH hat in seinem Beschluss vom 26.07.2021 (Az.: 12 ZB 18.2385) klargestellt, dass ein Insolvenzverwalter nicht automatisch Deponiebetreiber wird, wenn ihm die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über eine Deponie übertragen wird. Vielmehr sei eine tatsächliche Betriebsführung erforderlich. Dabei ist unter „Betriebsführung“ auch im abfallrechtlichen Kontext regelmäßig ein Tätigwerden im eigenen Namen, für eigene Rechnung und unter eigener Verantwortung zu verstehen. Die Betriebsführung muss aktiv erfolgen. Verantwortlich für die Deponie ist deren Betreiber, weil nur er tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, den Betrieb der Deponie entsprechend den gesetzlichen Anforderungen zu führen. Die Nachsorgepflicht des Deponieinhabers knüpft damit an seine Betriebsführung an und stellt sich infolgedessen aus ordnungsrechtlicher Sicht als Verhaltenshaftung des Betreibers dar.

Verhaltenshaftung nur bei aktivem Weiterbetrieb

Eine solche Verhaltenshaftung des Insolvenzverwalters könne nur begründet werden, wenn die Ordnungspflicht aus der Verantwortlichkeit für den aktuellen Zustand von Massegegenständen folgt. Wenn diese jedoch an ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten des Insolvenzschuldners anknüpft, wird der Insolvenzverwalter allein durch die Übernahme der Sachherrschaft nicht Störer. In diesem Fall komme eine ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit des Insolvenzverwalters und damit eine als Masseverbindlichkeit zu erfüllende Pflicht (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) von vornherein nicht in Betracht. Vor diesem Hintergrund ließ der BayVGH für das Betreiben einer Deponie allein die Nichterfüllung der Nachsorgepflichten der GmbH durch den Insolvenzverwalter nicht ausreichen. Vielmehr wäre ein aktives Weiterführen des Betriebes durch den Insolvenzverwalter erforderlich gewesen und somit die Entscheidung, die Anlage für die Masse zu nutzen.

Keine Begründung einer Betreiberstellung durch Stilllegung

Ferner betont der BayVGH, dass der Insolvenzverwalter nicht in die Betreiberstellung einrückt, wenn er die Anlage nach der bloßen Besitzergreifung infolge des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis sofort stilllegt. Gleiches gelte erst recht, wenn der Betrieb bereits vor Insolvenzeröffnung durch den Schuldner eingestellt worden sei. Im Ergebnis ist festzustellen, dass ein Insolvenzverwalter als Deponiebetreiber und somit als Adressat von daran anknüpfenden Nachsorgeverpflichtungen (§ 40 Abs. 1 und 2 KrWG) nur dann in Betracht kommt, wenn er das Unternehmen, zu dem die Anlage gehört, nicht nur lediglich faktisch übernommen hat, sondern dieses auch tatsächlich aktiv fortführt, um es wirtschaftlich zu nutzen.

[GGSC] begleitet regelmäßig öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und Abfallbehörden, aber auch private Grundstückseigentümer in komplexen Verfahren zur Beräumung von Grundstücken oder der Stilllegung von Deponien infolge von Insolvenzen.

Link zur Homepage: www.ggsc.de 

Gaßner, Groth, Siederer & Coll. [GGSC]