KrWG neu: Konkretisierte und verstärkte Getrenntsammelpflichten für Kommunen

Die Novelle des KrWG begründet umfassende Getrenntsammelpflichten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Der Gesetzgeber wollte damit primär seinen Pflichten zur Umsetzung der novellierten EU-Abfallrahmenrichtlinie nachkommen. Er hat aber nicht verkannt, dass damit „die Pflichten zur Getrenntsammlung auf weitere Abfallströme erstreckt, verstärkt und spezifisch adressiert“ werden.


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Systematik Getrenntsammelpflichten in § 9 einerseits und § 20 KrWG neu andererseits

Zunächst zur Systematik des Gesetzes: Vorgaben zu Getrenntsammelpflichten wurden zum einen in § 9 des geänderten KrWG, zum anderen – speziell an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) gerichtet – in § 20 KrWG verankert. Die Getrenntsammelpflichten des § 9 richten sich an alle Akteure, die dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterliegen und damit vor allem an die Erzeuger und Besitzer von Abfällen sowie Entsorger. Anders als noch in der bisherigen Fassung des KrWG werden diese Getrenntsammelpflichten zu unterschiedlichen Fraktionen auch nicht mehr an unterschiedlichen Stellen geregelt: § 9 Abs. 1 bezieht sich auf alle Abfallarten, § 20 Abs. 2 nennt ausdrücklich diejenigen Abfallfraktionen, für die der örE regelmäßig Getrenntsammelsysteme auf-bauen muss.

§ 9 KrWG neu: Erforderlichkeitsvorbehalt vs. restriktive Ausnahmebestimmungen

Zunächst zu § 9 und den dort geregelten, allgemeinen Getrenntsammelpflichten: § 9 Abs. 1 bestimmt nunmehr für alle Abfallfraktionen, dass – soweit dies zur Erfüllung der Anforderungen an die Abfallbewirtschaftung in den §§ 7 Abs. 2 bis 4 und 8 Abs. 1 erforderlich ist, diese getrennt zu sammeln und zu behandeln sind. Nach wie vor ist die Getrenntsammelpflicht also – wie schon in § 11 KrWG a. F. (Bioabfälle) von der „Erforderlichkeit“ im Sinne der genannten Vorschriften abhängig. Wie sich der Gesetzesbegründung entnehmen lässt, soll Getrenntsammeln kein Selbstzweck sein. Klargestellt wird aber durch den Zusatz „und behandeln“ jetzt auch, dass die Getrenntsammlung in aller Regel auch das Erfordernis nach sich zieht, die Abfälle getrennt zu verwerten. Die bisherige Vorschrift des § 9 KrWG a.F. befasste sich mit Vorgaben zur „Getrennthaltung“. Um die dazu geführten Diskussionen, ob Getrennthalten auch Getrenntsammeln heißen kann, zu vermeiden, ist im Gesetz jetzt nur noch von Getrenntsammeln die Rede. Und die dahingehenden Pflichten sind umfassend, wie sich § 9 Abs. 1 entnehmen lässt.

Abs. 2 bestimmt dann in Ergänzung zu etwaigen Getrenntsammelpflichten, dass im Rahmen der Behandlung gefährliche Stoffe, Gemische oder Bestandteile aus den getrennt gesammelten Abfällen entfernt und gesondert entsorgt werden müssen.

Und erst Abs. 3 gibt Hinweise darauf, in welchen Fällen von einer Getrenntsammlung (und anschließenden -behandlung) ganz ausnahmsweise abgesehen werden kann:

§ 9 Abs. 3 Nr. 1: Output-Betrachtung der Behandlung von Gemischen

Nr. 1 setzt dafür voraus, dass als Ergebnis der sich an die gemeinsame Sammlung anschließenden Verwertung ein „Abfallstrom“ erreicht wird, der demjenigen aus einer getrennten Sammlung und Verwertung vergleichbar ist. Unter Aspekten eines Schutzes von Mensch und Umwelt muss sich die konkrete Verwertung grundsätzlich als die beste Option darstellen, darum schon in Nr. 1 der Verweis auf § 8 Abs. 1 KrWG.

§ 9 Abs. 3 Nr. 2: Getrenntsammlung bildet nicht das höchste Schutzniveau ab

Nr. 2 des § 9 Abs. 3 KrWG neu betont diesen Grundgedanken nochmals ausdrücklich: Danach muss für eine gemeinsame Sammlung sichergestellt sein, dass die getrennte Sammlung nicht den besten Umweltschutz bzw. das beste Schutzniveau für den Menschen darstellt.

§ 9 Abs. 3 Nr. 3: Getrenntsammlung unter Berücksichtigung „guter Praxis“ technisch nicht möglich

Fragen aufwerfen dürfte insbesondere das Beispiel in Nr. 3 von § 9 Abs. 3: Danach scheidet die getrennte Sammlung aus, wenn sie „unter Berücksichtigung guter Praxis“ der Abfallsammlung technisch nicht möglich ist. Laut Gesetzesbegründung wollte der Gesetzgeber damit erreichen, dass dieses Beispiel als Begründung für die zulässige, gemeinsame Sammlung nur dann greift, wenn eine getrennte Sammlung technisch objektiv nicht möglich ist – also auch nicht unter Einsatz innovativer Methoden, auch wenn diese noch nicht so verbreitet sind. Dass die Getrenntsammlung womöglich (nur) nicht dem „Stand der Technik“ entspricht, soll für eine Ausnahme nicht ausreichen.

§ 9 Abs. 3 Nr. 4: Getrenntsammlung verursacht unverhältnismäßig hohe Kosten

Nr. 4 des § 9 Abs. 3 KrWG neu schließlich erlaubt eine Ausnahme von der Getrenntsammelpflicht, wenn die getrennte Sammlung „unverhältnismäßig hohe Kosten“ verursachen würde. Dabei sollen insbesondere die dort nachfolgend unter lit. a) bis c) genannten Kriterien zu berücksichtigen sein, die alle zutreffen müssen, um die Ausnahme zu rechtfertigen. Dabei stellt lit. a) klar, dass es nicht nur auf einen Vergleich zwischen den Sammelkosten ankommt – darauf weist auch der Gesetzgeber in der Begründung hin. Vielmehr sind gerade für den Vergleich getrennte/ gemeinsame Sammlung sogar noch diejenigen Kosten einzustellen, die sich aus negativen Umwelteffekten der Behandlung/ Verwertung des Gemischs ergeben.

Bedeutet dies, dass auch die Kosten für die Beseitigung dieser negativen Folgen zu betrachten sind? Dann würde dies auf eine Art „Lebenszyklus“-Betrachtung hinauslaufen. Die Praxis wird dies – ggf. durch Klarstellungen in der Rechtsprechung – klären müssen. Dass – bei einer getrennten Sammlung und sich anschließenden getrennten Behandlung – erzielbare „Erlöse“ nicht außer Betracht bleiben dürften, versteht sich dagegen und bedarf wohl keiner weiteren Klärung (lit. c).

Dem örE, der gerne gemischt sammeln würde, wird für die Ausnahme der „unverhältnismäßigen Kosten“ im Sinne von Nr. 4 schließlich aber auch aufgegeben, Möglichkeiten einer Effizienzsteigerung (und damit Kostenersparnis?) bei der Getrenntsammlung zu prüfen.

Zusammenfassend wird klar, dass hohe und näher ausgeformte Anforderungen an die Begründung einer gemeinsamen Sammlung bzw. der Sammlung von Gemischen gestellt werden. Schon dies kann dem einen oder anderen Abfallerzeuger oder -besitzer Kopfzerbrechen bereiten.

§ 20 KrWG: Verstärkte Getrenntsammelpflichten für örE

Für die örE werden die Getrenntsammelpflichten dann in § 20 KrWG neu noch stärker verdeutlicht. Zunächst bleibt es zwar beim bisherigen Absatz 1, der die örE an die Abfallhierarchie und die §§ 6 bis 11 KrWG bindet. Konkretisiert werden die dahingehenden Pflichten bezogen auf die Getrenntsammelpflichten dann in § 20 Abs. 2 KrWG: Danach werden die örE ausdrücklich verpflichtet, die dort in Nr. 1 bis 8 genannten Abfallarten Bioabfälle, Kunststoffabfälle, Metallabfälle, Pa-pierabfälle, Glas, Textilabfälle (letztere jedenfalls nach Ablauf einer dafür vorgesehenen Über-gangsfrist bis 01.01.2025), Sperrmüll und gefährliche Abfälle künftig getrennt zu sammeln. Bei ei-nigen Fraktionen wird für Voraussetzungen und Ausnahmen vollständig auf § 9 (s. o.) verwiesen (Kunststoffe, Metalle, Altpapier, Alttextilien).

Für die Abfallfraktionen Glas und Bioabfälle dagegen lässt der Gesetzgeber bestimmte Ausnahmen aus § 9 Abs. 3 nicht gelten: So geht er offenbar davon aus, dass die gemeinsame Erfassung dieser Fraktionen mit anderen Abfällen auf der Ebene der nachgelagerten Behandlung keinen Output hervorbringen kann, der mit dem Output des Glasrecyclings oder der Bioabfallkompostierung oder -vergärung identisch ist. § 9 Abs. 3 Nr. 1 (s.o.) soll jedenfalls für diese Abfälle nicht als Begründung für eine Ausnahme gelten. Dasselbe gilt für Nr. 2 des § 9 Abs. 3: Für Bioabfälle und Glas hält der Gesetzgeber eine getrennte Sammlung also immer für objektiv technisch möglich. Auch auf diese Ausnahme kann sich der örE für diese Fraktionen nicht berufen. Gleichzeitig soll der örE für diese beiden Abfallarten nicht gezwungen sein, gefährliche Stoffe bei der Behandlung auszusondern – § 9 Abs. 2 soll nicht gelten.

Sonderfall: „Schonende“ Getrenntsammlung von Sperrmüll i.S.d. § 20 Abs. 2 Nr. 7

Für intensive Diskussionen und Auslegungsfragen dürfte vor allem § 20 Abs. 2 Nr. 7 KrWG neu sorgen: Dort wird – ohne jeglichen Verweis auf § 9 KrWG – bestimmt, dass die örE Sperrmüll in einer Weise „sammeln“ (also: müssen!), „welche die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Re-cycling der einzelnen Bestandteile ermöglicht“. Gerade die Wiederverwendung, aber auch ein hochwertiges Recycling der Sperrmüllbestandteile dürfte durch die Sammlung im Holsystem mit einem Pressfahrzeug vereitelt werden. Hinweise in diese Richtung lassen sich auch der Gesetzesbegründung bei der Einschätzung der finanziellen Folgen des Gesetzes für die Verwaltung ent-nehmen, auch wenn dort die potenziellen, finanziellen Folgen als eher gering eingeschätzt worden sind. Wörtlich wird dort ausgeführt: „Gerade für eine schonende Erfassung von Sperrmüll lässt sich ein sehr unterschiedliches Niveau feststellen. So wird in einigen Kommunen bereits heute eine „fortschrittliche“ und schonende Sperrmüllsammlung, etwa durch hintereinander geschaltete Sammelfahrzeuge oder in einem Sammelfahrzeug mit verschiedenen Abteilungen durchgeführt, während sich andere Akteure noch auf dem Mindestniveau bewegen.“ Von daher kann sich für den ein oder anderen örE die Notwendigkeit ergeben, sein bisheriges Erfassungskonzept auf den Prüfstand zu stellen.

Passt das bisherige Konzept der öffentlichen Abfallwirtschaft noch?

Zusammenfassend ist die Gesetzesnovelle des KrWG für jeden örE ein Anlass, sein Abfallwirtschaftskonzept daraufhin zu prüfen, ob laut KrWG neu Änderungen notwendig werden. [GGSC] berät öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nicht nur bei dahingehenden, konzeptionellen Fra-gen, sondern auch bei der konkreten Ausgestaltung von Konzepten, Satzungen und Ausschreibungen. Bitte beachten Sie außerdem auch unser aktuelles Webinar zum „KrWG 2.0“ am 03.12.2020, zu dem Sie sich über unsere Kanzleihomepage anmelden können.

Link zur Homepage: www.ggsc.de 

Gaßner, Groth, Siederer & Coll