Praxisprobleme im Umgang mit wassergefährdenden Stoffen in der Abfallbewirtschaftung

Anlagen zur Abfallbewirtschaftung und Abfallzwischenläger müssen so beschaffen sein und so errichtet, unterhalten, betrieben und stillgelegt werden, dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist (§ 62 Abs. 1 Satz 1 WHG).


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Zur Konkretisierung dieser Pflicht existieren seit den 90er Jahren diverse Regelwerke zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen. Diese haben mit dem Inkrafttreten der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) am 01.08.2017 eine Novellierung und Vereinheitlichung erfahren.

Anlagenbetreiber sehen sich nunmehr mit der Frage konfrontiert, ob und welche Auswirkungen die neue AwSV künftig auf ihren Anlagenbetrieb haben wird. Relevant wird die AwSV v.a. bei der Anlagenzulassung und im Rahmen der laufenden behördlichen Anlagenüberwachung. Dabei wirft bereits der Anwendungsbereich der AwSV Fragen auf.

Einstufung von Abfällen als nicht wassergefährdend oder in eine Wassergefährdungsklasse

Anlagenbetreiber sollten zunächst prüfen, ob und inwieweit sie die gehandhabten Abfälle als nicht wassergefährdend oder in eine der drei Wassergefährdungsklassen einstufen.

Abfälle, die aus zwei oder mehreren Stoffen bestehen, stellen ein Gemisch dar. Die AwSV unterscheidet zwischen festen, flüssigen sowie gasförmigen Gemischen und Gemischen, die nur aus aufschwimmenden flüssigen Stoffen bestehen. Mit Ausnahme der festen Gemische besteht für Anlagenbetreiber die gesetzliche Pflicht, die gehandhabten Abfälle zu identifizieren und einzustufen, diese Einstufung zu dokumentieren und die Dokumentation der Behörde auf Verlangen vorzulegen. Solange die Gemische nicht eingestuft sind, gelten sie als stark wassergefährdend. In diesem Fall stellt die AwSV erhöhte Anforderungen an den Zustand und den Betrieb der betreffenden Anlage.

Aber auch bei festen Gemischen kann sich der Aufwand einer freiwilligen Auflistung und Identifizierung der gehandhabten Abfälle lohnen. So könnte eine Analyse zu dem Ergebnis führen, dass die Abfälle ausschließlich aus Stoff(gemisch)en bestehen, die ausdrücklich im Bundesanzeiger als nicht wassergefährdend veröffentlicht wurden oder die nach den Kriterien der AwSV vom Anlagenbetreiber selbst als nicht wassergefährdend eingestuft werden können. Für Anlagen(teile), in denen ausschließlich mit solchen Abfällen umgegangen wird, würden dann die weiteren Pflichten und Anforderungen der AwSV gar nicht erst gelten.

Fiktion der allgemeinen Wassergefährdung für feste Abfälle bestehend aus mehreren Stoffen

Feste Abfälle, die aus zwei oder mehreren Stoffen bestehen, gelten pauschal als allgemein wassergefährdend. Anlagenbetreiber sollten prüfen, ob sie diese Fiktion der allgemeinen Wassergefährdung gegen sich gelten lassen wollen. Das hätte den Vorteil, dass sie zum einen für solche Abfälle den hohen Aufwand der Identifizierung und Einstufung sämtlicher Stoff(gemisch)e vermeiden können. Zum anderen sieht die AwSV für solche Abfälle diverse Privilegierungen vor.

Nachteilig ist die Fiktion allerdings dann, wenn in der Anlage mit Abfällen umgegangen wird, deren Stoff(gemisch)e vom Umweltbundesamt als nicht wassergefährdend im Bundesanzeiger veröffentlicht wurden oder durch die aufgrund ihrer Herkunft oder ihrer Zusammensetzung eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften nicht zu besorgen ist. Denn dann käme die AwSV zur Anwendung, obwohl eine Einstufung zu dem Ergebnis gelangen würde, dass die Pflichten und Anforderungen der AwSV aufgrund fehlender Wassergefährdung nicht gelten würden. In diesem Fall sollte der Anlagenbetreiber in Erwägung ziehen, die Fiktion zu entkräften.

Abgrenzung zwischen Bestandsanlagen und Neuanlagen

Die Pflichten und Anforderungen der AwSV gelten für nach dem 01.08.2017 neu errichtete Anlagen vollumfänglich. Hier sollten Anlagenbetreiber prüfen, ob sie ihre Anlagen auf das Sicherheitsniveau der AwSV nachrüsten müssen.

Für Bestandsanlagen sieht der Verordnungsgeber hingegen keine Verpflichtung, den aktuellen Zustand uneingeschränkt an das technische Sicherheitsniveau der AwSV anzupassen. Hier gilt grundsätzlich die Rechtslage, die bis zum 31.07.2017 gegolten hat, weiter fort. Zu jener Zeit wurde die VwVwS des Bundes bei der Auslegung des WHG herangezogen und für jedes Bundesland galt eine eigene VAwS.

Allerdings kann die zuständige Behörde für Bestandsanlagen zu jeder Zeit, auch anlasslos und in unterschiedlichem Umfang anordnen, dass und welche Pflichten und Anforderungen der AwSV künftig gelten sollen. Begrenzt wird der behördliche Entscheidungsspielraum lediglich durch den allgemein geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Außerdem gelten auch für Bestandsanlagen bereits jetzt bestimmte organisatorische und administrative Pflichten (z.B. das Führen einer Anlagendokumentation). Ferner unterliegen künftige Änderungen wesentlicher baulicher Teile oder wesentlicher Sicherheitseinrichtungen von Bestandsanlagen vollumfänglich den Anforderungen der AwSV. Gleiches gilt, wenn im Rahmen einer wiederkehrenden Sachverständigenprüfung erhebliche oder gefährliche Mängel festgestellt und beseitigt werden.

Im Ergebnis können also für jede konkrete Einzelanlage unterschiedliche bauliche, technische oder betriebliche Anforderungen bestehen.

Ausnahmeregelungen für Kleinläger

Anlagenbetreiber sollten überdies prüfen, ob für ihre Anlage eine Ausnahmeregelung einschlägig ist. So gelten die weiteren Pflichten und Anforderungen der AwSV ausnahmsweise nicht für solche Anlagen, die in § 13 benannt sind. Für Abfallzwischenläger relevant ist die Ausnahmevorschrift der Nr. 3, die mit Blick auf Kleinläger geschaffen wurde. Deren Voraussetzungen wären im Einzelfall zu prüfen.

[GGSC] berät öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und kommunale Entsorgungsunternehmen regelmäßig gerichtlich und außergerichtlich in allen Fragen des Abfall- und Anlagenzulassungsrechts.

Gaßner, Groth, Siederer & Coll