Abfalleigenschaft von Bodenaushub

Bereits in unserem Beitrag vom 29.01.2020 (Rubrik [GGSC]/Kreislaufwirtschaftsrecht) hatten wir die Frage aufgeworfen, inwieweit unbelasteter Erdaushub im Zusammenhang mit dem Anfall und der Beschaffung von Bodenmaterial für die Herstellung der Oberflächenabdichtung von Deponien als „Abfall“ im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes einzustufen ist und unter welchen Umständen von einem Ende der Abfalleigenschaft ausgegangen werden kann. Kürzlich hat sich auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit der Thematik des Endes der Abfalleigenschaft auseinandergesetzt.


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Teppichstanzreste aus der Automobilproduktion – Noch Abfall oder bereits ein Produkt?

In dem Eilverfahren stritten ein Hersteller von Reitplatzbelägen und die zuständige Vollzugsbehörde um die Abfalleigenschaft von Stanzresten aus der Produktion von Teppichböden für Kraftfahrzeuge nach Aufbereitung und Verwendung als Reitplatzbelag. In seinem Beschluss vom 17.02.2020 (Az.: 12 CS 19.2505) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die zuvor durch die Vollzugsbehörde und durch die Vorinstanz bejahte Abfalleigenschaft in ungewöhnlicher Schärfe verneint.

Die Auslegungsgrundsätze, die der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss aufstellt, lassen sich auf die Problematik der Abfalleigenschaft von Bodenmaterial für die Herstellung der Oberflächenabdichtung von Deponien übertragen.

Kein Beurteilungsspielraum der Behörden

Ob das Ende der Abfalleigenschaft nach § 5 Abs. 1 KrWG erreicht ist, unterliegt uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle. Ein Prognose- oder Beurteilungsspielraum der Behörden existiert nicht. Die Abfalleigenschaft eines Stoffes oder Gegenstandes endet unmittelbar qua Gesetz ohne konstitutive Feststellung durch Verwaltungsakt.

Verteilung der materiellen Beweislast zwischen Unternehmer und Vollzugsbehörde

Für die Verteilung der Beweislast kommt es auf den jeweiligen konkreten Sachzusammenhang an. Will die Behörde eine Anordnung erlassen, deren Voraussetzungen an die Abfalleigenschaft des betreffenden Stoffes bzw. Gegenstandes geknüpft sind, dann trägt die Behörde für das Fortbestehen der Abfalleigenschaft des streitgegenständlichen Materials die Darlegungs- und Beweis-/Feststellungslast. Die Behörde muss daher etwaigen vom Unternehmer vorgelegten Gutachten, Stellungnahmen und Befunden zur Schadlosigkeit des Materials in substantiierter und qualifizierter Weise entgegengetreten.

Wendet sich hingegen der Unternehmer an die Behörde und begehrt eine begünstigende verwaltungsrechtliche Handlung, z.B. einen sog. Produktanerkennungsbescheid bzw. ein Negativattest, trägt der Unternehmer die Darlegungs- und Beweis-/Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 KrWG.

Keine Fortgeltung der strengen Rechtsprechung zur alten Rechtslage

Die bisherige Rechtsprechung des EuGH und diesem folgend des Bundesverwaltungsgerichts wurde durch die Neuregelung des § 5 Abs. 1 KrWG deutlich abgeschwächt und lässt sich daher nicht ohne Weiteres auf die aktuelle Rechtslage übertragen.

Durchlaufen eines Verwertungsverfahrens

Damit ein Stoff/Gegenstand seine Abfalleigenschaft verliert, muss er zunächst ein Verwertungsverfahren durchlaufen haben. Ein Verwertungsverfahren kann auch bereits in der bloßen Sichtung und Trennung des Abfalls bestehen mit dem Ziel, nachzuweisen, dass er die Kriterien für das Ende der Abfalleigenschaft erfüllt. Demzufolge können schon Verfahren der Prüfung und Reinigung zur Beendigung der Abfalleigenschaft genügen.

Keine Risikovorsorge „ins Blaue“

Die Schadlosigkeit des streitgegenständlichen Materials nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 KrWG kann sich bspw. daraus ergeben, dass als Einsatzmaterial allein nicht gefährliche Abfälle eingesetzt werden, das Gefährdungspotential durch technische Maßnahmen vor Ort beherrschbar ist, die chemischen Stoffe wasserunlöslich sind und nicht ausgewaschen werden können, Gasaustausch und Verwehungen ausgeschlossen sind, die durch die Verwendung typischerweise eintretenden Umwelteinflüsse, wie bspw. UV-Strahlung, das Material nicht angreifen können, einschlägige Grenz- oder Vorsorgewerte eingehalten werden, der Eintrag von Schadstoffen entlang der Liefer- und Behandlungskette produktionstechnisch ausgeschlossen ist oder eine gute Langzeitbeständigkeit des Materials gegeben ist.

Ein Gefahrenbezug kann nur bei Kenntnis sämtlicher Umstände, wie Zusammensetzung, Konzentration, Eintragsmenge und Maß der Schädlichkeit des streitgegenständlichen Materials, hergestellt werden. Ein absolutes Minimierungsgebot, wäre mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar. Vielmehr muss jede Vorsorgemaßnahme nach Umfang und Ausmaß dem konkreten Risikopotential, dessen Eintritt sie entgegenwirken soll, proportional sein.

[GGSC] berät öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und kommunale Entsorgungsunternehmen regelmäßig gerichtlich und außergerichtlich in allen Fragen des Abfall- und Anlagenzulassungsrechts.

Link zur Homepage: www.ggsc.de 

Gaßner, Groth, Siederer & Coll