In Sachen Klärschlammentsorgung auf „einem sehr guten Weg“

In Sachen Klärschlammentsorgung auf „einem sehr guten Weg“
In Sachen Klärschlammentsorgung auf „einem sehr guten Weg“

Minden ist zusammen mit 79 weiteren Kommunen in OWL Kooperationspartner

Wohin mit dem Klärschlamm, wenn es in Zukunft gar nicht mehr möglich ist, ihn landwirtschaftlich zu verwerten und wenn die Phosphorrückgewinnung ab 2029 zur Pflicht wird? Vor dieser Frage stand nicht nur die Stadt Minden.


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Ganz viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen mussten sich aktuell mit diesem Problem beschäftigen. Nun zeichnet sich eine Lösung ab, für die der Rat der Stadt Minden am 10. Oktober 2019 „grünes Licht“ gegeben hat. Die Stadtverordnetenversammlung sprach sich Mitte Oktober einstimmig für die Gründung der „Klärschlammverwertung OWL GmbH“ und auch für den Abschluss eines Kooperationsvertrages zur gemeinsamen Entsorgung des Klärschlamms in Ostwestfalen-Lippe (OWL) aus.

„Nun soll ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet werden, an dem sich auch Minden als jetziger Kooperationspartner beteiligen möchte“, berichtet Beigeordneter und Betriebsleiter Peter Wansing (Städtische Betriebe Minden). Der Beitritt müsse noch, wenn es voraussichtlich im Februar 2020 soweit ist, durch die Unterschriften des Kooperationsvertrages aller sich beteiligenden Kommunen besiegelt werden. „Wir sind auf einem sehr guten Weg“, so Wansing weiter.

Die Gründung der Gesellschaft erfolgt nur, wenn der Kooperation so viele Partner beigetreten sind, dass mindestens eine Gesamtmenge von 15.000 Tonnen Trockensubstanz pro Jahr – das entspricht einer Menge von 60.000 Tonnen Klärschlamm - gemeinschaftlich entsorgt wird. „Dieser Wert wurde nun mit den jüngsten Beschlüssen der Städte Bielefeld, Lübbecke und Minden sowie der Wasserverbände Wittlage und Bersenbrück erreicht und sogar bei weitem überschritten“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Initiatoren einer kommunalen Lösung für die künftige Entsorgung des Klärschlammes in Ostwestfalen-Lippe. Das sind der Abfallwirtschaftsverband Lippe, die Gesellschaft zur Entsorgung von Abfällen im Kreis Gütersloh mbH, die Herforder Abwasser GmbH, der Abfallentsorgungsbetrieb des Kreises Minden-Lübbecke, der Umweltbetrieb der Stadt Bielefeld und die Stadt Gütersloh. Der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens stehe nun nichts mehr Weg, freut sich der Betriebsleiter.

Die Stadt Minden betreibt eine Kläranlage in Leteln mit einer Ausbaugröße von mehr als 100.000 Einwohnerwerten. Auf der Kläranlage Minden-Leteln fallen jährlich ca. 10.400 Tonnen Klärschlamm – das sind ca. 2.600 Tonnen Trockensubstanz – an, erläutert Wilhelm Rodenbeck, Leiter des Bereiches Abwasser und Straßen bei den Städtischen Betrieben Minden. Mit dieser Menge beteiligt sich die Stadt Minden an der Klärschlammkooperation OWL. Die Kläranlage Minden-Leteln (mit einer genehmigten Gesamt-Ausbaugröße von 240.000 Einwohnerwerten) reinigt auch die Abwässer der Stadt Petershagen und zu einem Großteil der Stadt Porta Westfalica.

Der Beginn der gemeinsamen Entsorgung des Klärschlamms in OWL (Klärschlammverbrennung in einer Monoverbrennungsanlage) ist ab 2024 vorgesehen. Bis dahin hat die Stadt Minden einen laufenden Entsorgungsvertag für den in der Kläranlage Minden-Leteln anfallenden Klärschlamm mit der Fa. Osters & Voss GmbH.

Jahrzehntelang durfte der Klärschlamm in der Landwirtschaft als Dünger eingesetzt werden. Im Juni 2017 trat dann die Verschärfung der Düngeverordnung in Kraft, die das Aufbringen von Klärschlamm auf den Feldern einschränkte. Im Kreis Minden-Lübbecke wurden bis dahin rund zwei Drittel des Klärschlammes landwirtschaftlich verwertet, der Rest wurde verbrannt. Ein weiteres Problem: Es fehlen auch in OWL Monoverbrennungsanlagen, also Öfen speziell für den Klärschlamm. „Die müssen gebaut werden, weil ab 2029 der im Schlamm vorhandene Phosphor zurückgewonnen werden muss“, erläutert Wilhelm Rodenbeck. Das sei nicht möglich, wenn der Klärschlamm mit anderem Abfall zusammen verbrannt werde, wie zum Beispiel bei der Mitverbrennung in Müllverbrennungsanlagen.

Ein Zusammenschluss der Kommunen in Ostwestfalen für die künftige gemeinsame Entsorgung des Klärschlammes habe sich daher angeboten, fasst Betriebsleiter Peter Wansing zusammen. Ursprünglich war mit der WWE (Westfalen Weser Energie) ein weiteres Unternehmen im Rennen, das sich ebenfalls der Klärschlamm-Verbrennung als neues Geschäftsfeld annehmen wollte. WWE hat sich jedoch, nachdem viele Kommunen in OWL signalisiert hatten, sich der OWL-Kooperation anzuschließen, im Oktober 2019 zurückgezogen.

Von der Kooperation werden aktuell 80 Abwasserbeseitigungspflichtige mit einem Klärschlammaufkommen von mehr als 160.000 Tonnen pro Jahr vertreten. Begleitet und unterstützt wird die Initiative von der Bezirksregierung Detmold. Dort soll am 14. Februar 2020 - nach den weiteren Beschlüssen der Kooperationspartner - der Vertrag unterzeichnet werden. Die Beteiligung der Partner richtet sich nach der Menge des anfallenden Klärschlamms. Das Gemeinschaftsunternehmen sucht dann über eine europaweite Ausschreibung einen Partner. Die Ausschreibung soll im Sommer 2020 beginnen.

Dr. Ute Röder vom Abfallwirtschaftsverband Lippe und Sprecherin des Arbeitskreises freut sich über die Erreichung dieses Zwischenziels: „Unser gemeinsam erarbeitetes Konzept aus langfristiger Entsorgungssicherheit, Solidarität, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit hat viele in OWL und darüber hinaus überzeugt.“ Darüber hinaus sei auch die Stärkung regionaler Wertschöpfung von Bedeutung zum Beispiel durch die Ausschreibung der Logistik in kleineren Losen, die regionalen Transportunternehmen Chancen bietet. Thomas Grundmann von der Gesellschaft für Entsorgung in Gütersloh ergänzt, „dass auch das klare Bekenntnis der Kooperation keine Gewinne erwirtschaften zu wollen, für die Bürger attraktiv ist.“

Weitere Informationen

In OWL werden rund 100 Kläranlagen betrieben, die mittelbar oder unmittelbar in kommunaler Hand liegen. In den Kläranlagen fallen jährlich etwa 184.000 Tonnen Klärschlamm an. Diese Klärschlämme enthalten eine ganze Reihe wertvoller Pflanzennährstoffe. Daher konnten in der Vergangenheit rund zwei Drittel als Dünger auf den Feldern der Region genutzt werden, die verbleibende Restmenge wurde in Kraftwerken und Zementwerken eingesetzt. Da der Klärschlamm neben wertvollen Bestandteilen jedoch auch umwelt- und gesundheitsgefährdende Schadstoffe enthalten kann, wurde in der neuen Klärschlammverordnung (AbfKlärV) die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung eingeschränkt.

Weiterhin ist durch Inkrafttreten der neuen Düngeverordnung vom 2. Juni 2017 das Aufbringen von Stickstoff und Phosphor auf Äckern weiter eingeschränkt worden. Da aber Phosphor ein wertvoller Rohstoff ist, hat der Gesetzgeber eine grundsätzliche Phosphorrückgewinnung für Klärschlämme vorgesehen. Betreiber von Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von mehr als 50.000 Einwohnerwerten haben Zeit bis 2032 und mit einer Ausbaugröße von mehr als 100.000 Einwohnerwerten bis 2029, um die Klärschlammverwertung neu zu organisieren.

Aufgrund der Änderung der beiden Gesetze haben aber bereits jetzt alle Kläranlagenbetreiber, auch die der kleineren Städte und Gemeinden, Probleme, weil die bisher in OWL überwiegend betriebene, landwirtschaftliche Verwertung nicht mehr beziehungsweise nur noch sehr eingeschränkt möglich ist. Eine ordnungsgemäße Entsorgung erfolgt daher in Verbrennungsanlagen mit einer ab 2029 vorgeschriebenen Phosphorrückgewinnung. In ganz Deutschland fehlen aber Kapazitäten hierfür. Daher steigt seit 2017 das Preisniveau für die Klärschlammentsorgung kontinuierlich.

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