Biodiversität im Süßwasser: Globaler Aktionsplan, Vjosa, Rhein

Wasser & Meere

Die Wasserlebewesen sind allerorten starken Umweltbelastungen ausgesetzt: seit 1970 hat dies nach Angaben des WWF zum Zusammenbruch der Populationen von über 80 Prozent geführt, fast ein Drittel der Ökosysteme ging verloren.


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Ein globaler Rettungsplan ist vonnöten, finden Umweltorganisationen. Um alte Fehler zu verhindern, kämpft ein Bündnis von Wissenschaft und Zivilgesellschaft um die Vjosa, den letzten naturbelassenen Fluss Europas. Und die Internationale Kommission für den Schutz des Rheins hat einige Erfolge bei der Renaturierung vorzuweisen. Dies sind wichtige Erkenntnisse für die Zukunft der europäischen Wasserpolitik, über die am 5. März beim EU-Umweltministerrat debattiert wird.

Globaler Rettungsplan gefordert

Der WWF hat zusammen mit der Weltnaturschutzunion (IUCN), Conservation International, der Universität Cardiff und vielen anderen Akteuren Anforderungen an einen globalen Aktionsplan entwickelt, um dem katastrophalen Rückgang der biologischen Vielfalt in Flüssen, Seen und Feuchtgebieten zu begegnen - Ökosysteme also, die uns mit Wasser und Nahrung versorgen und Schutz vor Überschwemmungen, Dürren und Stürmen bieten. Allein in Europa stehe jede dritte Süßwasserfischart kurz vor dem Aussterben, ein Viertel der Amphibien sei bedroht. Der globale Rettungsplan setzt auf Lösungen, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und sich bereits erfolgreich bewährt haben: Verringerung der Umweltverschmutzung, natürliche Flussläufe erhalten, Schutz bedrohter Feuchtgebiete, Wiederherstellungs- und Rückbaumaßnahmen sowie bessere und umweltverträglichere Planung von Infrastrukturmaßnahmen. Für die EU sei die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und ihre ordnungsgemäße Umsetzung dringend erforderlich. Die AutorInnen empfehlen außerdem Anpassungen der Ziele und Indikatoren im Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) und die Ziele für nachhaltige Entwicklung sowie die Rolle nationaler und internationaler staatlicher und nichtstaatlicher Akteure.

Widerstand gegen "Ver-Dammung" der Vjosa

Anfang der Woche haben 776 WissenschaftlerInnen aus 46 Ländern in einer Petition ein Ende der Staudammprojekte an der Vjosa in Albanien gefordert. Außerdem soll die Regierung bei der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für das Wasserkraftprojekt Kalivaç wissenschaftliche Standards einhalten. Die Petition ist eine der größten Unterschriften-Aktionen für den Schutz von Fließgewässern weltweit und erstmals haben sich auch über 100 ExpertInnen aus Albanien beteiligt. Ferdinand Bego von der Universität Tirana warnte: „Die Vjosa ist der einzige Wildfluss, der uns wie von der Natur geschaffen erhalten geblieben ist, und wir schulden diesen Fluss den nachfolgenden Generationen. Es gibt keinen anderen Weg für uns und die künftigen Generationen dieses Landes, als unsere Fehler auszubessern und das Leben in den Flüssen zurückzugewinnen.“ Die in Griechenland entpringende Vjosa sei nicht nur für Albanien, sondern für ganz Europa von enormem Wert. Seit 2014 ist Albanien EU-Beitrittskandidat; um Mitglied der EU zu werden, muss das Land auch das EU-Umweltrecht beachten.

Rheinstaaten wollen "klimaresilienten" Fluss

Bereits vergangene Woche hat die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) das Programm "Rhein 2040" beschlossen. Nach Jahrzehnten der Verbauung soll damit gelingen, den Rhein und seine Zuflüsse klimaresilient zu entwickeln und nachhaltig zu bewirtschaften. Das Vorgängerprogramm Rhein 2020 hatte zwar Fortschritte gebracht, allerdings konnten nicht alle vereinbarten Ziele erreicht werden. Beispielsweise wurden "wegen intensiver Nutzung als Schifffahrtsstraße" seit 2000 nur 166 Kilometer des Rheinufers statt der geplanten 800 Kilometer ökologisch aufgewertet. Immerhin wurden 600 Hindernisse für wandernde Fischarten wie den Lachs beseitigt oder alternativ mit Fischpässen versehen. Das bisher unerreichte Ziel ist, den Rhein von der Nordsee bis in die Schweiz wieder für die Fischwanderung zu öffnen. Rhein 2040 hat unter anderem das Ziel, mindestens 300 weitere Hindernisse zu beseitigen, den Eintrag von Mikroverunreinigungen wie Arneimittelrückstände oder Pflanzenschutzmittel um 30 Prozent zu reduzieren sowie weitere 200 Quadratkilometer Fläche als Überschwemmungsgebiet wiederherzustellen und 100 Altarme wieder mit dem Rhein zu verbinden. Die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und die europäische Hochwasserrichtlinie hätten wesentlich zur Realisierung des Programms beigetragen. "Die Ministerinnen und der Vertreter der Europäischen Union wollen daher – auf einer Linie mit dem europäischen „Green Deal“ und der ambitionierten Umweltpolitik der Schweiz und Liechtensteins – die erfolgreiche Zusammenarbeit im Rheineinzugsgebiet in den nächsten 20 Jahren mit unvermindertem Engagement fortführen." In der IKSR arbeiten seit 70 Jahren die Schweiz, Frankreich, Deutschland, die Niederlande, Luxemburg und die Europäische Union auf der Basis eines völkerrechtlichen Übereinkommens zusammen, um die vielfältigen Nutzungen und den Schutz des Gewässers in Einklang zu bringen. Für die Umsetzung europäischer Richtlinien wurde die grenzüberschreitende Kooperation auf die Staaten Österreich, Liechtenstein, Italien und die belgische Region Wallonien ausgeweitet.

Wie geht es weiter in der EU-Wasserpolitik nach dem erfolgreichen Fitness-Check der WRRL?

Am 5. März kommt in Brüssel der EU-Umweltrat zusammen. Neben anderen Tagesordnungspunkten wird es eine politische Debatte über die Schlussfolgerungen der Europäischen Kommission zur Bewertung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) geben. Der sogenannte Fitness-Check hatte ergeben, dass das Gesetz "zweckdienlich" ist und dass die Mitgliedstaaten nun ihre Bemühungen um die Umsetzung des Gesetzes drastisch verstärken müssen (EU-News 12.12.2019). Bisher habe sich die Europäische Kommission aus Sicht des Europabüros des WWF aber nicht ausreichend dafür eingesetzt, das Gesetz in seiner jetzigen Form zu erhalten, es gebe widersprüchliche Botschaften an die Mitgliedstaaten und die BürgerInnen. Die Umsetzung des Gesetzes werde dadurch verlangsamt. Der WWF forderte die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Ergebnisse des Fitness-Checks zu respektieren.

2020 und 2021 sind auf EU-Ebene im Rahmen des European Green Deal (EGD) außerdem zahlreiche Strategien und Initiativen mit Bezug auf Wasser und Gewässer geplant. Dazu gehören unter anderem

  • der EGD-Investitionsplan,
  • der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft (effiziente Wassernutzung),
  • die Farm-to-Fork-Strategie (Einfluss der Lebensmittelerzeugung auf Wasser und Gewässer),
  • die Nachhaltigkeitsstrategie für Chemikalien (Wasserverschmutzung),
  • das Null-Schadstoff-Ziel und nicht zuletzt
  • die EU-Biodiversitätsstrategie 2030.

Für letztere hatte die EU-Kommission einen Fahrplan zur Kommentierung geschaltet; an der Konsultation nahm beispielsweise auch das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) teil (Feedback, englisch). Denn die neue Biodiversitätsstrategie der EU muss auch die aquatischen Ökosysteme angemessen schützen.

DNR: Deutscher Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen e.V. direkter Link zum Artikel