Betrug der Automobilindustrie geht unvermindert weiter:

Neue ICCT-Studie zeigt weiterhin klaffende Lücke zwischen realem Spritverbrauch und Herstellerangaben

Abweichung zwischen Herstellerangaben und realem Spritverbrauch nach wie vor immens


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Spritmonitor-Auswertung zeigt: Deutsche Automobilhersteller gemeinsam mit Volvo negative Spitzenreiter – Deutsche Umwelthilfe fordert: Klimaschutzbemühungen im Verkehrssektor müssen auf ehrlichen Spritangaben beruhen – Unabhängige Kontrollen und Sanktionen bei Verstoß unverzichtbar

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wiederholt angesichts der am heutigen Freitag veröffentlichten aktuellen Auswertung der Lücke zwischen Herstellerangaben und realem Spritverbrauch des International Council on Clean Transportation ICCT ihre Forderung nach einem veränderten Typgenehmigungsverfahren für Pkw. Laut Studie weichen die realen Emissionen nach wie vor durchschnittlich um 39 Prozent von den Herstellerangaben ab. Nach Ansicht der DUH sind daher Messungen unter realistischen Bedingungen im Straßenverkehr bereits im Rahmen der Typzulassung unerlässlich. Automobilhersteller, die bei Angaben zum Spritverbrauch ihre Kunden täuschen, müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Ehrliche Spritangaben sind ein essentieller Schritt, um die Minderung von CO2-Emissionen im Verkehr voranzutreiben und Klimaziele einzuhalten.

Die unabhängige Forschungsorganisation ICCT vergleicht seit 2012 jährlich die Nutzerangaben zum realen Spritverbrauch mit den offiziellen Herstellerangaben. In diesem Jahr wurden Daten von 1,3 Millionen Fahrzeugen aus 15 Datenquellen und 8 Ländern untersucht. Das Ergebnis: Seit 2001 ist die Abweichung von 8 Prozent auf 39 Prozent im Jahr 2017 angewachsen. Damit ist das Niveau im Vergleich zum Vorjahr 2016 (40 Prozent) beinahe unverändert. Die Lücke stagniert seit 2015. Die höchsten Abweichungen im Portal Spritmonitor weisen Fahrzeuge der deutschen Hersteller Audi, Daimler und BMW sowie Volvo auf. Auch Toyota weist aufgrund des hohen Anteils von Hybridfahrzeugen an den Toyota-Einträgen in den Spritmonitor.de-Daten (rund 79 Prozent im Baujahr 2017) Abweichungen über dem Marktdurchschnitt auf. Die Ergebnisse bekräftigen die von der DUH seit Jahren kritisierte Verbrauchertäuschung bei Spritverbrauchsangaben der Hersteller. Eine Folge der Spritlüge: Im Schnitt muss ein Autofahrer durch diesen Mehrverbrauch zusätzliche Kosten von circa 400 Euro pro Jahr einrechnen.

„Reale Spritangaben verdeutlichen, wie viel CO2 im Verkehrssektor tatsächlich ausgestoßen wird. Ohne vernünftige Datengrundlage verlaufen Bestrebungen, die CO2-Emissionen auf der Straße zu senken, im Sand. Die Diskussion um Klimaschutzziele im Verkehr verkommt zur Farce. Das Frappierende: Die zuständigen Minister Scheuer und Schulze kennen diese Zahlen und handeln trotzdem nicht. Dabei ist der Handlungsdruck gerade hier besonders groß, denn die Emissionen sind im Verkehrssektor in den letzten Jahren gestiegen. Wir brauchen endlich eine Anlaufstelle für betroffene Verbraucher sowie unabhängige Kontrollen. Festgestellte, zu hohe Abweichungen müssen zwingend sanktioniert werden, um den Betrug der Automobilindustrie zu beenden“, fordert Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH.

Bis 2020 muss der CO2-Ausstoß der Neuwagenflotten im Durchschnitt auf 95g/km sinken, so die EU-Vorgaben. Erst im Dezember 2018 hatten sich EU-Kommission, -Rat und -Parlament auf eine weitere Senkung des CO2-Ausstoßes von Neuwagen um 37,5 Prozent bis 2030 geeinigt. Während die Automobilindustrie dies als Zumutung bewertet, reicht die Minderungsvorgabe nach Meinung der DUH und anderer Umweltverbände nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen. Notwendig wären drastische Veränderungen, denn auf dem Weg zur Erfüllung des Pariser Klimaabkommens dürfen spätestens ab 2035 nur noch Fahrzeuge auf den Markt kommen, die keine CO2-Emissionen im Betrieb mehr aufweisen.

Das ICCT hat darüber hinaus festgestellt, dass kleinere Fahrzeuge in der Regel niedrigere durchschnittliche Abweichungen haben als größere. Besonders hoch sind die durchschnittlichen Abweichungen bei Hybriden und Premium-Modellen.

Fahrzeuge der Hersteller Honda und Mazda weisen mit 24 Prozent die niedrigsten Abweichungen im Jahr 2017 auf. Mazda verzeichnete einen steilen Rückgang der Lücke seit 2014 und Honda hat konsequent unterdurchschnittliche Werte seit 2009. Volkswagen und Renault-Nissan blieben historisch gesehen unter dem Marktdurchschnitt, haben sich aber zuletzt diesem angenähert.

Im Laufe der vergangenen Jahre haben sich die durchschnittlichen Abweichungen in allen Fahrzeugsegmenten erhöht. „Der Bericht zeigt, dass der CO2-Ausstoß immer dann sprunghaft ansteigt, wenn ein neues Modell auf den Markt gebracht wurde. Der Unterschied zwischen Herstellerangaben und Realverbrauch wuchs besonders stark, als neue Vorgaben für CO2-Grenzwerte bei Pkw-Neuwagenflotten vereinbart wurden, so in den Jahren 2009 bis 2015 nach der Einführung der Grenzwerte im Jahr 2008. Doch wenn sich die Einhaltung der Vorgaben nur auf dem Papier darstellt, ist weder dem Verbraucher noch dem Klima gedient, sondern allein den Herstellern“, meint Dorothee Saar, Leiterin des Bereichs Verkehr und Luftreinhaltung der DUH.

Im Rahmen der Zertifizierung für alle neuen Personenkraftwagen ist seit September 2018 das neue Prüfverfahren im Labor WLTP eingeführt worden, das realistischere Ergebnisse liefern soll. Saar hält dies jedoch nicht für ausreichend: „Nach den Erfahrungen des Dieselskandals müssen wir davon ausgehen, dass auch im neuen Verfahren getrickst wird. Wir brauchen daher, ähnlich wie bei der Ermittlung von Schadstoffemissionen, auch für den Verbrauch bzw. für CO2-Emissionen ein Verfahren, das auf dem realen Fahrbetrieb beruht. Die EU-Kommission ist aufgefordert, hier rasch ein tragfähiges Konzept vorzulegen.“

Die DUH setzt sich seit vielen Jahren für ehrliche Spritangaben ein. Die derzeitige Kampagne „Get Real: Für ehrliche Spritangaben“ (LIFE15 GIC/DE/029 Close the gap) wird im Rahmen des LIFE-Programms von der EU-Kommission gefördert.

Links:

Deutsche Umwelthilfe e.V. direkter Link zum Artikel