Sinkende Mehrwegquote: Umweltministerin Schulze muss Handeln und das gesetzliche Mehrwegziel durchsetzen

Klare Kennzeichnung von Einweg und Mehrweg auf dem Produkt nötig

Das weltgrößte Mehrwegsystem für Getränke gerät durch Angriffe der Einwegindustrie weiter unter Druck. Nach jüngsten Zahlen des Umweltbundesamtes für das Jahr 2016 ist die Mehrwegquote auf einen Tiefststand von 42,8 Prozent gesunken.


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Obwohl im neuen Verpackungsgesetz eine gesetzliche Mehrwegquote von 70 Prozent festgelegt wurde, stellen neben internationalen Getränkekonzernen wie Coca-Cola, Pepsi sowie den Discountern Aldi und Lidl zunehmend auch namhafte deutsche Getränkeproduzenten das Mehrwegsystem in Frage. Die „Mehrweg-Allianz“ aus Deutscher Umwelthilfe (DUH), Stiftung Initiative Mehrweg (SIM) und mehrwegorientierten Wirtschaftsverbänden fordert von Bundesumweltministerin Svenja Schulze, wirksame Maßnahmen zum Schutz der Mehrwegquote umzusetzen.

Nach Einschätzung der „Mehrweg-Allianz“ sind dazu vier Maßnahmen erforderlich: eine konsequente Umsetzung der gesetzlich festgeschriebenen Mehrwegquote von 70 Prozent, eine Abgabe auf Einweg in Höhe von 20 Cent zusätzlich zum Pflichtpfand, eine Kennzeichnung von Getränkeverpackungen mit dem Wort „Einweg“ und „Mehrweg“ auf dem Produkt sowie die Ausweitung der Pfandpflicht auf Einweggetränkeverpackungen für Fruchtsäfte und Nektare.

Als Antwort auf die Angriffe einwegorientierter Abfüller und Händler sowie die bisherige Untätigkeit von Umweltministerin Schulze klärt die „Mehrweg-Allianz“ gemeinsam Verbraucher mit der bundesweiten Informationskampagne „Mehrweg ist Klimaschutz“ über den umweltfreundlichen Getränkekauf auf. Erfreulich ist, dass trotz der niedrigen Gesamtquote Glas-Mehrwegflaschen im Mineralwasserbereich das dritte Jahr in Folge zulegten. Dieses Beispiel zeigt, dass Verbraucher regionale und vielfältige Getränke in umweltfreundlichen Mehrwegflaschen bevorzugen, wenn sie denn angeboten werden.

„Abfallvermeidung hat nach der fünfstufigen Abfallhierarchie die höchste Priorität und ist das Kernelement des deutschen Kreislaufwirtschaftsgesetzes sowie der EU-Abfallrahmenrichtlinie. Die Realität sieht jedoch so aus, dass sich weder Abfüller noch Händler um gesetzliche Mehrwegziele scheren. Das Absinken der Mehrwegquote ist ein Alarmsignal, das Bundesumweltministerin Svenja Schulze ernst nehmen muss. Deutschland muss vom Bremser zum Gestalter werden und die Mehrwegquote auch mit Sanktionen, wie einer Abgabe auf Einweg, durchsetzen. Abfallvermeidung und Klimaschutz sind nur mit Mehrwegverpackungen erreichbar“, sagt die Stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Metz kündigt eine regelmäßige Überprüfung des Beitrags der größten Marktakteure in der Getränkewirtschaft zur Umsetzung der Mehrwegquote und die Veröffentlichung der Ergebnisse an.

„Allein in Deutschland werden jährlich rund 16 Milliarden Einweg-Plastikflaschen mit einem Gewicht von mehr als 450.000 Tonnen hergestellt – mit fatalen Folgen für die Umwelt und die mittelständische Getränkewirtschaft. Wenn bereits jetzt erkennbar ist, dass Mehrwegflaschen bis 2021 den Marktanteil von 70 Prozent nicht erreichen werden, muss die Bundesregierung gemäß einem Entschließungsantrag des Bundestages vom 28. März 2017 weitergehende rechtliche Maßnahmen entwickeln. Eine solche Maßnahme muss die Einführung einer Lenkungsabgabe auf Einweggetränkeverpackungen in Höhe von 20 Cent sein, wie sie bei Alkopops seit Jahren besteht“, sagt der Geschäftsführende Vorstand des Bundesverbandes des Deutschen Getränkefachgroßhandels Günther Guder.

„Die Untätigkeit von Umweltministerin Schulze gefährdet im Mehrwegbereich mehr als 145.000 grüne Arbeitsplätze in der Region. Wenige Discounter und multinationale Getränkeproduzenten sind die Nutznießer des Absinkens der Mehrwegquote. Zahlreiche mittelständische Abfüller, der Getränkefach- und Einzelhandel, sowie in beachtlichem Umfang die Arbeitnehmer im Mehrwegbereich, sind die Verlierer. Selbst eine verbraucherfreundliche Kennzeichnung von Einweg und Mehrweg auf dem Produkt hat die Politik bislang nicht hinbekommen. Dabei wäre diese Maßnahme eindeutiger und weitaus ökonomischer als eine aufwendige Kennzeichnung am Ladenregal. Diese muss ab dem 1. Januar 2019 umgesetzt werden und belastet durch eine aufwendige Einzelkennzeichnung insbesondere den mehrwegorientierten Einzelhandel mit einem Mischsortiment. Discounter, die ausschließlich auf Einweg setzen, kommen hingegen mit nur einem Schild im Markt aus. Ministerin Schulze muss hier nachbessern“, fordert der Vorstand des Verbandes des Deutschen Getränke-Einzelhandels Andreas Vogel.

„Besonders schädlich für die Umwelt und mittelständische Mehrwegbrauereien ist die deutliche Zunahme von Getränkedosen im Bierbereich. Dort legte die Dose 2016 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als fünfzehn Prozent zu, auch zu Lasten der Mehrwegflaschen. Noch ist die Mehrwegquote im Bierbereich stabil, aber wie lange noch? Immer mehr Discounter und Supermärkte listen Bier in Getränkedosen mit steigender Tendenz. Die Politik hat die Nutzung von Mehrwegflaschen zum gesetzlichen Ziel erklärt und muss nun auch für eine wirkungsvolle Förderung der Mehrwegsysteme sorgen“, sagt der Geschäftsführer des Verbands Private Brauereien Deutschland Roland Demleitner.

„Die Einwegpfandpflicht sollte auch auf Säfte und Nektare ausgeweitet werden, um die Mehrwegprodukte in diesem Bereich zu stützen und das Pfandchaos zu beenden. Im von der Einwegpfandpflicht befreiten Saft- und Nektarbereich ist die Mehrwegquote inzwischen auf rund neun Prozent abgestürzt, wobei sie in den Getränkesegmenten mit einer Pfandpflicht auf Einwegverpackungen zwischen 20 und 80 Prozent liegt. Hinzu kommt, dass niemand nachvollziehen kann, warum dieselbe Einwegplastikflasche mit Cola bepfandet, aber mit Saft unbepfandet sein soll. Die Pfandpflicht sollte nicht nach dem Inhalt, sondern vereinheitlicht und anhand der Verpackungsart festgelegt werden“, sagt die SIM-Geschäftsführerin Martina Gehrmann.

Deutsche Umwelthilfe e.V direkter Link zum Artikel