(Münster, eigener Bericht) Beim Wertstoffgesetz mauern sich die entscheidenden Akteure ein. Eine akzeptable Lösung für den Staat, die Wirtschaft und die Kommunen ist nicht erkennbar und vielleicht auch nicht möglich.

Dr. Matthias Klein hat in Münster auf einer Konferenz der Akademie Dr. Obladen die Position des Bundesumweltministeriums verteidigt. Das Ministerium hat die Stellungnahme des Bundesrates zwar zur Kenntnis genommen, fühlt sich aber unverändert den Koalitionsvorgaben von Bundesregierung und Bundestag verpflichtet. Klein lehnt eine Überlassungspflicht an die Kommunen ab und begründet dies mit verfassungs- und europarechtlichen Bedenken. Im Kern bleibt das Ministerium bei seinen Vorstellungen und schlägt punktuelle Anpassungen aber deutlich unterhalb der Forderungen von Bundesrat und kommunalen Spitzenverbänden vor. Im Konferenzraum flackerte kurz die Frage auf, ob das Gesetz überhaupt zustimmungspflichtig durch den Bundesrat sei und nicht allein der Bundeskompetenz unterliege.

Im Wesentlichen will das Bundesumweltministerium die Möglichkeit der Kommunen stärken, Vorgaben bei der logistischen Umsetzung der Erfassung setzen zu können. Das Gesetz beinhaltet künftig eine Generalklausel, dass die Belange der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) bei der Abstimmung besonders zu berücksichtigen sind. So können örE z.B. über Satzungsänderungen das Sammelsystem vorgeben, ob Holsystem, Bringsystem oder ein kombiniertes System. Kommunen könnten Systembetreiber verpflichten kommunale Gefäße gegen Entgelt zu nutzen. Die kommunalen Spitzenverbände monieren aber, dass ihnen zurzeit die gesetzliche Basis fehle, um gerichtsfeste Satzungsanpassungen auf den Weg bringen zu können.

Eine Annäherung ist nur in einem nachgeordneten Punkt feststellbar. Die Systembetreiber müssen künftig Ausschreiben konform zum Vergaberecht durchführen. Dies ist wohl in dem Fall zwingend, sollten die dualen Systeme erhalten bleiben. Die kommunalen Spitzenverbände und der VKU sehen aber hierfür keine Notwendigkeit und plädieren für die Abschaffung. Das bisherige System habe sich weder ökologisch noch ökonomisch bewährt. Die Verbände beziehen sich auf das bekannte Gutachten von Prof. Baum.

Bislang hat das Ministerium intensiv damit geworben, dass die Quoten und Vorgaben anspruchsvoller und damit ökologischer würden. Nun ist mit dem Abfallpaket der EU-Kommission eine andere Datenbasis absehbar. Demnach wären die Recyclingquoten in Europa nicht mit denen aus Deutschland direkt vergleichbar. Hier zeichnet sich ein Thema ab, bei dem schon weit vor einem möglichen Inkrafttreten des Wertstoffgesetzes ein Novellierungsbedarf angelegt ist.

Patrick Hasenkamp, Vizepräsident des VKU, fordert deutlich mehr Gestaltungskompetenz. Nur die Kommune hat den unmittelbaren Zugang zum Bürger, kann für die Abfalltrennung die erforderliche Akzeptanz schaffen und besitzt den gesetzlichen Auftrag zur Abfallberatung. Hasenkamp fordert eine kommunale Sammelzuständigkeit mit einer Standardkostenvergütung seitens der Inverkehrbringer (Verteilung über die zentrale Stelle oder die Systembetreiber). Diese Vergütung bildet die durchschnittlichen Kosten einer effizienten, tarifgebundenen Leistungserbringung ab. Etwaige Mehrkosten – z.B. aufgrund besonderer Servicewünsche der privaten Haushalte – sollten gebührenfähig sein, damit stets eine ausreichende Finanzierungsbasis für die Wertstofferfassung gewährleistet ist. Auch im Falle einer kommunalen Sammelzuständigkeit für die Wertstoffe würden schätzungsweise 2/3 der Sammelgebiete im Wettbewerb vergeben. Im Falle kommunaler Ausschreibungen kämen die Landesvergabegesetze mit den entsprechenden Sozial- und Umweltkriterien (Tarifbindung!) und den damit verbundenen volkswirtschaftlichen Effekten zur Anwendung. Die derzeit stattfindenden Entgeltverhandlungen von mehr als 400 Kommunen mit einer zweistelligen Zahl von Systemen würden durch eine kommunale Zuständigkeit komplett entfallen, was eine erhebliche Vereinfachung und Reduzierung der Verfahrenskosten bedeuten würde.

Damit liegen die beiden Positionen unverändert in grundlegenden Annahmen sehr weit auseinander. Presseberichten zufolge drängen die politischen Parteien in Berlin zwar auf eine schnelle Lösung. Den Verlautbarungen zufolge soll das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode kommen. Für die Kommunen scheint die vom Umweltministerium gebaute Brücke jedoch viel zu schmal zu sein. Wenn tragfähige Kompromisse nicht in Sicht sind, müssen wohl politische Entscheidungen her. Wie diese ausfallen, ist aber aus heutiger Sicht vollkommen intransparent.

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