Ökologisch vertretbar zu handeln und dabei die Umwelt für zukünftige Generationen zu erhalten ist mehr im Trend als je zuvor. Jugendliche in Deutschland gehen derzeit auf die Straße, um bei den „Fridays for Future“-Protesten für den Klimaschutz zu demonstrieren. Die öffentliche Wahrnehmung für Themen des Klimawandels und Umweltschutzes wird stärker und immer mehr Menschen sind der Ansicht, dass umweltbewusstes Handeln auf die alltäglichen Bereiche des Lebens übertragen werden sollte.
Auch in der Eventbranche wird zunehmend auf den ökologischen Fußabdruck geachtet – die Zahl nachhaltig angelegter Veranstaltungen nimmt stetig zu. Den Startschuss gab die erste „Green Meetings & Events“-Konferenz im Jahr 2011 mit dem damaligen Bundesumweltminister Jürgen Trittin als Schirmherr und Hauptredner. Die Kennzeichnungen „Green Meeting“ oder „Green Event“ haben seitdem für viele Veranstalter große Bedeutung. Es handelt sich dabei um Veranstaltungen, die nach Kriterien der Nachhaltigkeit geplant, organisiert und umgesetzt werden. Diese Entwicklung ist natürlich positiv, da Veranstaltungen grundsätzlich klimabelastend sind, besonders im Bereich Mobilität: Mehr als zwei Drittel aller CO2-Emissionen gehen auf das Konto der An- und Abreise und Transfers, die Teilnehmermobilität ist somit der größte Emissionstreiber. Es folgen Location und Übernachtungsstätte, Speisen und Getränke und schließlich Energie- und Wasserverbrauch sowie Abfall. Bei der Durchführung eines Green Events sollen diese umweltbelastenden Auswirkungen reduziert und kompensiert werden.
Wie werden Veranstaltungen im Zeichen der Nachhaltigkeit geplant?
In einem ersten Schritt geht es zunächst darum, die zu erwartenden CO2-Emissionen zu erkennen. Veranstalter, die wissen möchten, welchen CO2-Fußabdruck ihre Veranstaltung hinterlassen wird, können verschiedene Online-Klimarechner nutzen, die von gemeinnützigen oder gewinnorientierten Organisationen betrieben werden, beispielsweise das Projekt CO2OL der ForestFinest Consulting GmbH oder der Veranstaltungsrechner von der Klimaschutzorganisation atmosfair. Der berechnete CO2-Wert berücksichtigt Übernachtungen, Verpflegung, Größe der Veranstaltung, Energieverbrauch und sonstige Faktoren zur Kalkulation, wie beispielsweise länderspezifische Standards. Allerdings gibt es bei den Ergebnissen noch große Unterschiede zwischen den einzelnen CO2-Rechnern, wie die Hochschule Worms in einer Untersuchung herausgefunden hat: Die errechneten Gesamtemissionen einer Testveranstaltung wichen um bis zu 40 Prozent voneinander ab. Ausgerechnet beim Thema Mobilität fielen die Abweichungen am größten aus. Dies liegt daran, dass es für die Berechnung des CO2-Fußabdrucks bislang keine einheitliche Formel gibt. Die Betreiber der Klimarechner können die Emissionsquellen und die zugehörigen Emissionsfaktoren frei wählen. Trotzdem lassen sich aus den Ergebnissen Reduktionspotenziale herausfiltern und für Überlegungen nutzen, wie die Gesamtemission einer Veranstaltung kompensiert werden kann. Möglich sind beispielsweise Spendenbeiträge an Klimaschutzprojekte durch einen bestimmten Prozentsatz der Teilnehmergebühr. Doch es geht natürlich auch um die Reduzierung der CO2-Emissionen vor und während der Veranstaltung selbst. Dabei können verschiedene Maßnahmen im Sinne von Corporate Social Responsibility (CSR) ergriffen werden, einem Begriff, der den aktiven Beitrag eines Unternehmens zur Nachhaltigkeit umschreibt:
Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur Umweltschutz
Bei nachhaltiger Veranstaltungsorganisation geht es nicht nur um Ökologie, sondern im Rahmen einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie auch um ökonomische Aspekte und soziale Verantwortung. Die Verbindung der drei Prinzipien Ökologie, Ökonomie und Soziales sind im häufig zitierten Modell des Nachhaltigkeitsdreiecks dargestellt und wurden von der Bundesregierung in der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie 2002 bekräftigt und festgelegt. Noch differenzierter bringen es die 17 „Global Goals“ zum Ausdruck, die 2015 von den Vereinten Nationen (UN) vorgestellt wurden und die Grundlage für das Konzept der Corporate Social Responsibility (CSR) bilden. Sie nennen die wichtigsten Ziele unserer Zeit. Dazu zählen z.B. die Reduzierung von Ungleichheiten, verantwortungsvoller Konsum und die Förderung von hochwertiger Bildung. Gender Mainstreaming und Diversity gehören vor dem Hintergrund der sozialen Verantwortung ebenfalls zum Themenkreis der Nachhaltigkeit und sollten bei der Organisation und Programmgestaltung unbedingt berücksichtigt werden. Ein barrierefreier Zugang und Unterstützung für Menschen mit Behinderung sind ein absolutes Muss auf jeder Veranstaltung.
Kritik und Bewertung
Kritiker sehen Green Events eher als Modeerscheinung und misstrauen den edlen Motiven der Veranstalter, die sich entsprechende Zertifizierungen zu eigen machen, um Marketingvorteile gegenüber Sponsoren, Förderern und der Öffentlichkeit zu erzielen. Einige Fragen der praktischen Umsetzung sind zudem widersprüchlich, werden eindimensional auf ökologische Aspekte bezogen oder stecken noch in den Kinderschuhen. Die CO2-Kompensation ist momentan mit zwei Imageproblemen verbunden: Die einen finden, dass sie bloße Augenwischerei ist, da Emissionen, die bereits in der Luft sind, gar nicht mehr ausgeglichen werden können. Andere bemängeln, dass CO2-Kompensation viel zu kompliziert und wenig transparent ist. Beides klingt zunächst einleuchtend, stimmt jedoch nur teilweise. Die meisten Experten sind sich einig, dass das Ausgleichen von Treibhausgasemissionen sinnvoll und keine Augenwischerei ist – aber eben nur die zweitbeste Lösung. Besser wäre es, wenn die Emissionen gar nicht erst entstehen würden. Bei aller Kritik zählt jedoch unterm Strich, dass überhaupt etwas passiert und das Thema Nachhaltigkeit in den öffentlichen Fokus rückt. Gerade die Veranstaltungsbranche setzt Standards und beeinflusst die öffentliche Meinung. Somit bietet sich hier die große Chance, den Teilnehmern grundsätzliches Verständnis für das Thema Nachhaltigkeit mit auf den Weg zu geben und damit nicht zuletzt der gesellschaftlichen Verantwortung als Veranstalter gerecht zu werden. Auch auf europäischer Ebene wird die Gemeinwohl-Ökonomie sicherlich ein Thema der aktuellen Diskussion bleiben, vor allem, was das ihr zugrundeliegende Menschenbild und die Eindämmung des Klimawandels anbetrifft – hin zu mehr Solidarität, sinnstiftender Arbeit und ökologischer Verantwortung.
In eigener Sache: Wir als Akademie Dr. Obladen sind Unterstützer des Nachhaltigkeitskodex „fairpflichtet“. Der Kodex ist eine freiwillige Selbstverpflichtung zur unternehmerischen Verantwortung für Nachhaltigkeit bei der Organisation und Durchführung von Veranstaltungen. Zehn Leitlinien geben das qualitative Ziel der Ausgeglichenheit von ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten wieder. Mehr Informationen hier: www.fairpflichtet.de