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Zurzeit wird viel geschrieben und viel diskutiert über die Zukunft der Arbeit. Die Niederlande haben gesetzlich ein Anrecht auf Heimarbeit verankert. Kandidaten bewerben sich nicht mehr bei Unternehmen, sondern umgekehrt treten Unternehmen in den Wettbewerb zu einander, um passende Mitarbeiter zu finden. Betriebe beauftragen Architekten und Designer, damit Arbeitsplätze angenehm und inspirierend sind. Es entsteht der Eindruck, dass Journalisten schnell und ohne Mühen Unternehmen finden, die für diesen Megatrend mit ihrem Namen stehen.

Nur: es sind nahezu ausnahmslos privatwirtschaftliche Unternehmen. Öffentliche Unternehmen gehören eher nicht zu den Trendsettern und wirken im Vergleich eher wie Dinosaurier. Natürlich gibt es auch Ausnahmen. Zum Beispiel belegt die Berliner Stadtreinigung überzeugend, dass Führung auch in Teilzeit möglich ist. Aber Ausnahmen bestätigen eher die Regel. Woran liegt das? Ich sehe dafür mindestens zwei Ursachen.

Da sind zunächst die ungeheuer starren Arbeitszeiten. Arbeitszeit wird minutengenau erfasst und dokumentiert. Mehrarbeit ist zwar möglich, wird aber genauso minutengenau abgefeiert. Dass Abhebungen vom Arbeitszeitkonto als Abfeiern bezeichnet werden, formuliert trefflich die strengen Regeln. Die durchschnitte Wochenarbeitszeit in Deutschland beträgt Eurostat zufolge 41,5 Stunden. (Griechenland kommt im Übrigen auf erstaunliche 44,2 Stunden). Das Alternativmodell zum starren Zeitkonzept wäre die Vertrauensarbeit, nach der Arbeitnehmer weitgehend selbst bestimmen, wann und wo sie Aufgaben erledigen. Es ist sicherlich denkbar auch bei Busfahrern und der Müllabfuhr mehr Flexibilität zu ermöglichen, doch müssen natürlich Fahrpläne und satzungsgemäße Touren eingehalten werden. Doch wäre nicht in anderen Betriebsbereichen wie Kalkulation, Materialwirtschaft, Produktmanagement, Service, um nur einige zu nennen, mehr Vertrauensarbeit möglich? Natürlich gibt es viele Personen, die nicht peinlich genau auf die Sirene zum Feierabend achten. Entweder schreiben sie diese Zeiten nicht auf oder sie wandern auf ein Konto. Das "Abfeiern" fällt aber angesichts der zunehmenden Arbeitsverdichtung immer schwerer. Vielleicht wäre es eine Idee im nächsten Tarifvertrag eine finanzielle Pauschale für Vertrauensarbeit einzuführen. Die Arbeitgeber entbinden Mitarbeiter von der Pflicht der Arbeitszeiterfassung und zahlen ein Leistungsentgelt. Umgekehrt verpflichten sich die Mitarbeiter zu termin- und zielbezogener Aufgabenerledigung.

Dies führt zum zweiten großen Problem öffentlicher Unternehmen. Mittlere Führungskräfte werden zu schlecht bezahlt. Die Aufmerksamkeit der Sozialpartner hat sich in den vergangenen Jahren zu stark auf die unteren Gehaltsstufen konzentriert. Dies führt aktuell zu dem Paradox, dass zwar Verantwortung gefordert aber nicht honoriert wird. In Einstellungsgesprächen müssen Interessenten für die Position ausführen, warum sie bereit sind für deutlich weniger Gehalt als bisher beim öffentlichen Betrieb anzuheuern. Was antwortet man auf eine solche Frage: "Ich möchte nicht mehr so viel wie bisher arbeiten." oder "Für die Arbeitsplatzsicherheit nehme ich gerne Verluste in Kauf."? Führungskräfte, die engagiert betriebliche Veränderungen anpacken, vermutlich nicht. Was wären dies für Selbstaussagen, obwohl sie vermutlich der Wahrheit sehr nahe kommen. Auf Dauer können öffentliche Unternehmen im Wettbewerb nur bestehen, wenn sie sich der Leistung- und Servicesteigerung verpflichten. Dies funktioniert aber nur, wenn Vorgesetzte auch wirklich führen. Und gute Führungskräfte haben eben auch Anspruch auf eine angemessene Entlohnung.

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