Ende November, spätestens Anfang Dezember beginnt das Saisongeschäft für die Weihnachtsbaum-Händler. Nach dem seit Januar 2019 geltenden neuen Verpackungsgesetz (VerpackG) können Weihnachtsbaum-Netze sowohl Transportverpackungen als auch Verkaufs- oder Serviceverpackungen sein. Wir haben mit dem Rechtsanwalt Hartmut Gaßner gesprochen, was das genau bedeutet.

Akademie Dr. Obladen (ADO): Herr Gaßner, seit dem 1. Januar gelten für die Verpackungsentsorgung in Deutschland neue Regeln. Sie arbeiten bei der Kanzlei Gaßner, Groth, Siederer & Coll. Wie viele Fälle hatten Sie in diesem Jahr, die mit dem neuen Verpackungsgesetz zusammenhingen und warum?

Hartmut Gaßner (HG): Wir haben in unserer Kanzlei ein Expertenteam zusammengestellt, weil sehr viel Beratungsbedarf auf kommunaler Seite besteht. Viele öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (örE) wollen vom Behältnis “Gelber Sack” wegkommen und gelbe Tonnen einführen. Hierzu eröffnet das Verpackungsgesetz erstmals eine Steuerungsmöglichkeit für Kommunen. Sie machen den Systembetreibern Rahmenvorgaben, mit denen sie die Einführung der gelben Tonnen verlangen. Die Systeme versuchen, sich gegen steigende Kosten zu wehren. Da hat unsere Kanzlei GGSC sehr viel zu tun.

ADO: Was genau soll mit dem neuen VerpackG eigentlich bezweckt werden, was ist das Ziel?

HG: Im Grundsatz geht es um die sogenannte Produktverantwortung. Der Inverkehrbringer von Verkaufsverpackungen soll für die Entsorgung dieser Verkaufsverpackungen in Anspruch genommen werden. Bei Einführung des dualen Systems gingen die politisch Verantwortlichen davon aus, der Kostendruck würde die Inverkehrbringer dazu bringen, den Aufwand für Verkaufsverpackungen zu reduzieren. Das blieb aber ohne wirkliche Umsetzung. Nur in wenigen Branchen kam es zur Abfallreduzierung. Wir sprechen deshalb auch vom Mythos der Produktverantwortung. Die Inverkehrbringer haben wenig an dem Verpackungsumfang geändert, sondern teilweise versucht, nicht einmal die Kosten anteilig mit zu tragen. Das neue Verpackungsgesetz hat zur Einrichtung einer Zentralen Stelle geführt, die diesen sogenannten Trittbrettfahrern entgegentreten soll. Wir sehen tatsächlich bereits einen Zuwachs an Produktverantwortlichen, aber leider zu wenig Müllvermeidung.

ADO: Weihnachtsbaum-Händler müssen derzeit gut Bescheid wissen, denn je nachdem, wofür Weihnachtsbäume eingenetzt werden, greift das VerpackG auf unterschiedliche Art und Weise. Warum stellen Weihnachtsbaum-Verpackungsnetze einen Sonderfall dar?

HG: Es geht darum, wie man die Weihnachtsbaum-Netze kategorisiert. So können sie als Transport-, Verkaufs- oder Serviceverpackung gesehen werden. Weihnachtsbaumnetze sind Transportverpackungen, wenn sie die Handhabung und den Transport der Weihnachtsbäume in einer Weise erleichtern, dass deren direkte Berührung sowie Transportschäden vermieden werden und die typischerweise nicht an den Endverbraucher weitergegeben werden. Das heißt: Wenn Weihnachtsbäume für den Transport von der Kulturfläche zur Verkaufsfläche eingenetzt und danach wieder ausgenetzt werden, handelt es sich um eine Transportverpackung und es besteht keine Systembeteiligungspflicht.

Weihnachtsbaum-Netze können aber auch eine Verkaufsverpackung sein, wenn die Weihnachtsbäume eingenetzt und an Ketten oder Discounter abgegeben werden, wo sie eingenetzt bleiben und an den privaten Endverbraucher verkauft werden. Für diese Verkaufsverpackungen besteht eine Systembeteiligungspflicht des Lieferanten. 

Bei Weihnachtsbaum-Netzen als Serviceverpackung wiederum handelt es sich um eine besondere Form der Verkaufsverpackung, die erst beim Letztvertreiber befüllt wird, um die direkte Übergabe an den Endverbraucher zu ermöglichen. Das sind in diesem Fall die Weihnachtsbaumnetze, die von Floristen oder Gartenbau-Betrieben beim Verkauf mit abgegeben werden.

ADO: Welche Konsequenzen ergeben sich aus dieser Zuordnung? Was bedeutet das für die Händler bzw. Verkaufsstellen?

HG: Sind Weihnachtsbaum-Netze eine Serviceverpackung, besteht die Möglichkeit, die Systembeteiligungspflicht gemäß § 7 Absatz 2 VerpackG vorzuverlagern. Damit werden kleinere Direktvertreiber, die ihre selbst hergestellten Produkte unmittelbar an private Endverbraucher abgeben, von dem Aufwand einer eigenen Systembeteiligung entlastet. Der Letztvertreiber kann vom Vorlieferanten die Systembeteiligung verlangen. Entsprechend gehen auch alle anderen Pflichten wie zum Beispiel die Registrierung auf den ausgewählten Vorvertreiber über.

ADO: Am 5.12.2019 leiten Sie eine Podiumsdiskussion im Rahmen der „15. Fachkonferenz Betriebswirtschaftliche Strategien für die Abfallwirtschaft und Stadtreinigung“. Das Thema der Diskussion lautet „Wo stehen wir in der Kreislaufwirtschaft“. Was werden Schwerpunkte sein?

HG: Wir haben vier Personen eingeladen, die sehr verschiedene Bereiche der Abfallwirtschaft abdecken: Politik, Industrie, Wissenschaft und Umweltverband. Wir werden über die Wirksamkeit von Abfallvermeidungsmaßnahmen sprechen. Der Beitrag der Kreislaufwirtschaft zum Klimaschutz wird ebenso zur Sprache kommen wie Forderungen zur Verbesserung des Recylings. Da werden wir ansprechen, was Kommunen machen können, die weder für die Produktion noch den Einsatz von Sortierungs- und Recyclinganlagen zuständig sind. Was können Öködesignrichtlinien bewirken und sind Quotenvorgaben für den Einsatz von Recyclaten vielversprechend?

ADO: Das wird eine interessante Diskussion. Herr Gaßner, vielen Dank für das Gespräch!

 

Übrigens: Wenn Sie am 5.12.2019 an unserer "15. Fachkonferenz Betriebswirtschaftliche Strategien für die Abfallwirtschaft und Stadtreinigung" teilnehmen möchten, können Sie sich hier direkt anmelden.

Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier.

 

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